Union will jetzt Untersuchungsausschuss zu „Habeck-Akten“ beim Atomausstieg

Die Union möchte einen Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Untersuchung rund um die Vorgänge zu den sogenannten „Habeck-Akten“ einrichten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Bundestag begründet dies damit: „Es geht uns darum herauszufinden, ob Aktenmaterial im Ministerium verändert, manipuliert und verfälscht worden ist und wer daran teilhatte, um eine Öffentlichkeit falsch zu informieren.“ Dazu erklären die Fraktionschefs der Union auch: „Die uns vorliegenden Informationen drängen die Schlussfolgerung auf, dass die Bundesregierung in einer entscheidenden Frage unserer nationalen Energiesicherheit nicht zum Wohle Deutschlands, sondern ausschließlich nach der Logik grüner Parteipolitik entschieden hat.“

Dazu wurde im Bundestag bereits gesprochen, wie wir berichtet haben:

Am Donnerstag kam es im Deutschen Bundestag zur Aussprache über die sogenannten „AKW-Files“. Das war jener Vorgang, nachdem die AKWs in Deutschland, die noch liefen, endgültig abgeschaltet wurden – und innerhalb des Wirtschaftsministeriums bestimmte Erkenntnisse nicht an die Leitung (Habeck) durchgegeben wurden.

Habeck selbst sprach dazu nun im Bundestag. Die Union, die diese Debatte beantragt hat, bellte kurz, so Unionspolitiker Steffen Bilger: „Externe Experten wurden schlichtweg nicht gehört – stattdessen kommt die politische Leitungsebene der Abteilungen in Rekordzeit zum von der Hausleitung gewünschten Ergebnis. Nichts anderes lassen die uns vorliegenden Akten als Schluss zu.“

SPD: Union betreibt Propaganda

Die SPD hielt dies offenbar für „Propaganda“. Habeck wiederum verwies darauf, die Regierung oder sein Ministerium haben alles dafür unternommen, um „ideologiefrei“ unabhängig von den Lieferungen Russlands zu sein. „Noch vor Kriegsbeginn haben wir angefangen, Entscheidungen einzuleiten“, so Habeck.

Die FDP kritisierte bezogen auf die Kommunikation Kritik – stand aber ansonsten der Regierung zur Seite. Die Abgeordnete Judith Skudelny sprach von „Verschwörungstheorien“ bei der Diskussion um die Akten.

Dabei hatte das Ministerium bestimmte Erkenntnisse intern nicht nur nicht weiter geleitet. Auch hat Habeck selbst sich einen schweren Fauxpas geleistet. Wiederholt verwies er darauf, die Industrie habe selbst die Abschaltung der AKWs befürwortet. Die widersprach jetzt.

Der Gesamtvorgang:

„Die Posse um die nicht mehr laufenden AKW und die Zurückhaltung der Akten im Wirtschaftsministerium weitet sich aus. Nun hat der frühere Vorsitzende des Aufsichtsrates von E.ON, Karl-Ludwig Klei, Robert Habeck „Täuschung der Öffentlichkeit“ vorgeworfen. Der hatte dargestellt, dass die Industrie selbst die Abschaltung der AKW befürwortet hätte, da der Weiterbetrieb der AKW im Jahr 2022 unwirtschaftlich sei. Nun hat Kley erklärt, dass die Kernkraftwerke sehr wohl kostengünstig wie auch technisch immer noch hätten weiterlaufen können.

Habeck selbst habe den Ausstieg aus „rein ideologischen Gründen“ betrieben. Habeck „wollte eben absolut keine Kernenergie“. Daher „kam eine Zustimmung zum Weiterbetrieb für ihn nie infrage. Das wäre die Wahrheit.“

Damit ist eine weitere Stimme in dieser Richtung zu vernehmen. Doch erinnern Sie sich:

Erstaunlich löchrig scheint die Argumentation von Robert Habeck und dem Wirtschaftsministerium nach den jüngsten Darstellungen. Worum geht es? Die Vorgänge lassen sich erst nach und nach rekonstruieren, da die Akten erst herausgeklagt werden mussten. AKWs sind im Frühjahr 2022 abgeschaltet worden, das Wirtschaftsministerium möchte diesen Vorgang ergebnisoffen geprüft haben. Nicht alle Entscheidungsschritte seien dabei an Habeck gegangen, die quasi abgefangene Mail sei aber unbedeutend gewesen. Denn die Betreiber haben ohnehin einen Weiterbetrieb nicht für erforderlich gehalten.

Stimmt nicht, heißt es nun im nächsten Aufklärungsschritt

Schade, das Wirtschaftsministerium hat die Darstellung zum Weiterbetrieb wohl verkürzt, „erheblich verkürzt“, so heißt es bei PreussenElektra, einem Betreiber. Der hat einen Brief an die Mitarbeiter verfasst. Im Bericht dazu heißt es: „Dessen Aussage, dass der Rat der Betreiber ihn überzeugt habe, die Atomkraftwerke abschalten zu lassen, bringt PreussenElektra auf die Palme.“

„Wir als PressenElektra haben uns zu jeder Zeit offen für eine Prüfung und Umsetzung des Weiterbetriebs gezeigt und dies – wo immer möglich – artikuliert“. Das sieht so aus, als habe Habeck die Unwahrheit gesagt.

Darum ging es bislang:

Im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck soll es Widerstand geben. Die nun jüngst weiter publizierte Variante zeigt, dass ein Abteilungsleiter verhinderte, dass eine durchaus wichtige Information weitergegeben wurde. Die damalige Verlängerung des AKW-Betriebs erforderte nach den früheren Aussagen von Habeck neue Brennstäbe. Die aber habe es nicht gegeben, so die damalige Darstellung – bzw. der Kern des Problems. Nun zeigt sich, dass der Fachbeamte darauf verwies, neue Brennstäbe könne man in Frankreich kaufen.

Weiterbetrieb wäre technisch möglich gewesen

Ein weiterer Punkt: Die AKW-Frage wurde bereits vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine diskutiert und aufgeworfen. Der mögliche Energieengpass durch spätere Sanktionen war vielleicht nicht vorhersehbar. Aber schon im Sommer 2021 hatte sich Robert Habeck dafür ausgesprochen, Gaslieferungen aus Russland kritisch zu betrachten.

Im Vorfeld des Einmarsches wurde deshalb darüber gesprochen, ob die AKWs noch länger betrieben werden könnte. Die Darstellung lautete: Die Betreiber verneinten. Nun wird PreussenElektra so zitiert: „Fakt war aber auch, dass ein Weiterbetreib von Isar 2 technisch möglich gewesen wäre.“

Atomlobbyisten hätten sich nach dem Einmarsch mit einem Brief an Olaf Scholz gewannt. Die Regierung sollte ihre Position überdenken. Es ginge darum, sich auf eine Notsituation für die „Energieversorgung unseres Landes“ vorzubereiten.

Das Umweltministerium wiederum vermerkte am 9.2.2022, dass die Mehrheit einen Ausstieg aus den AKWs bzw. der Atomenergie-Versorgung wünsche. Dieser Vermerk ist zumindest „einseitig“, heißt es auch. Denn es gab durchaus gegenteilige Umfrageergebnisse.

Wie weit schreitet die Aufklärung nun voran?

Wir erinnern an den Sachverhalt, der schon fast wieder unterzugehen droht.  Das Wirtschaftsministerium scheint dabei zu blocken.

Die Sachlage, so weit sie sich ordnen lässt: In den Papieren wird u. a. im Kern festgestellt, dass es Gründe geben könnte, die AKW etwas länger laufen zu lassen. Im Ministerium ist an leitender Stelle entschieden worden, diese Gründe nicht zu berücksichtigen – in guter Absicht, weil man nach Abwägung zu anderen Ergebnissen kam, wie es einige Reaktionen vermuten lassen, oder in böser Absicht, weil man die Argumente zur Abschaltung quasi verschweigen wollte?

Darum geht es:

Das Verwaltungsgericht Berlin-Moabit hatte „mehrere Argumente“ zurückgewiesen, mit denen das Habeck-Ministerium die Herausgabe sogenannter Atom-Akten verweigert oder verweigern möchte. Diese Akten sollen dokumentieren, warum und wie das Ministerium zur Entscheidung kam, die Atomkraftwerke in Deutschland still zu legen. Einige der vorgetragenen Argumente sieht das Gericht offenbar anders.

Ein Argument zur Nicht-Freigabe der Akten: Energie-Chaos?

So befürchten die Beamten laut eigener Aussage ein Energie-Chaos. Gemeint ist offenbar, dass, wenn bekannt würde, dass die AKWs abgeschaltet bleiben, damit zu rechnen sei, Deutschland würde bei künftigen Energieengpässen in ein solches Energie-Chaos stürzen. Allerdings dürften die meisten Menschen im In- und Ausland wissen, dass die AKW abgeschaltet sind und bleiben.

Ein anderes Argument: So würden „vertrauliche Beratungen zur Atomkraft“ bekannt werden, die möglicherweise die Versorgungssicherheit in Gefahr brächten. Also: Wer erfährt, was Habeck über den Atomausstieg oder die Energieversorgung denkt, verhalte sich ja ggf. anders. Vielleicht würde gar die Entscheidung zum Ausstieg aus der Atomkraft in Frage gestellt. Ja, wenn das als Kommentar durchgehen darf, genau darum geht es allerdings in dieser Sache auch.

Der Richter wiederum sieht einen Anspruch der Öffentlichkeit auf Basis des Umweltinformationsgesetzes sowie dem sogenannten Informationsfreiheitsgesetz. Umweltrelevante Informationen müsse die Regierung den Bürgerinnen und Bürgern geben. Im Ergebnis haben die Beamten versichert, sie würden Dokumente freigeben. Dies werden drei Viertel aller Dokumente sein, so die Botschaft – und ein Viertel wird nicht freigegeben. In den kommenden beiden Wochen würde das Gericht nun darüber entscheiden. Dann würden ggf. auch alle anderen Akten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt!“

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