Stellungnahme des Corona-Expertenrats im Kanzleramt überarbeitet – harter Vorwurf zur politischen Agenda

Hat die Regierung in Deutschland nicht nur Einfluss auf das RKI gehabt – einen Einfluss, den Karl Lauterbach zunächst zumindest nicht einräumen wollte -, sondern auch auf den sogenannten Corona-Expertenrat? Hat also die Politik die Wissenschaft beeinflusst und nicht, wie lange Zeit vorgegeben, „die“ Wissenschaft die Politik? Die Welt am Sonntag hat nun mit Verweis auf ihr Auskunftsrecht nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nach einem Bericht der „Welt“ Einblick in Dokumente gehabt, die eben dies nahelegen. Die „Welt“ berichtet – an dieser Stelle nicht prüfbar, es wird sicher Stimmen geben, die eine ausgewogenere und einordnende Berichterstattung wünschen, die mangels Dokument hier nicht geleistet werden kann -, dass „hinter den Kulissen im engsten Kreis Pandemie-Politik beschlossen“ worden sei. Dort sei darüber befunden, was teils angeschärft oder verschwiegen worden sein soll.

Mehrfache Klageandrohung wegen Untätigkeit

Die Redaktion will mehrfach wg. Untätigkeit mit einer Klage gedroht haben. Nun hat das Kanzleramt nach dem Bericht den Schriftwechsel zwischen dem Corona-Expertenrat und dem Kanzleramt vorgelegt – gut 500 Seiten an E-Mails. Wissenschaftler hätten damals Druck gemacht. Die Bekämpfung der Pandemie solle eine „stärkere Sachgrundlage“ bekommen.

Mehrere Minister sollen dann den Experten empfohlen haben, welche Themen im Expertenrat zu besprechen wären. Diese Minister hätten bei den Sitzungen des Rates auch teilgenommen.

Die Stellungnahmen des Expertenrates seien dann vor der Veröffentlichung vom Kanzleramt selbst überarbeitet worden sein.

Ein Beispiel: Am 15. Mai 2022 hatte der Expertenrat formuliert: „Die bislang verfügbaren Daten sprechen dafür, dass die Prävalenz von ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis, eine neuroimmunologische Erkrankung, Anm. d. Red.), die präpandemisch bei 0,1 bis 0,8 % lag, in der Folge der Pandemie deutlich ansteigen wird.“

Das Kanzleramt befand, dies sei ein „sehr geringer prozentualer Anteil von 0,1 % bis 0,8 %.“ Offenbar war das zu wenig. Die Korrektur dann verzichtete auf die prozentualen Angaben. „Vor der Pandemie wurde für Deutschland mit etwa 250.000 ME/CFS Betroffenen gerechnet, darunter etwa 40.000 Kinder und Jugendliche. Die Zahl der Betroffenen wird infolge der SARS-CoV2-Pandemie deutlich ansteigen“.

Klingt das nicht viel gefährlicher? Nicht auf Basis des Expertenrates, sondern nach Wunsch aus dem Kanzleramt, so insinuiert dieser Bericht.