Chinas neue Seidenstraße ist eine politische Initiative, die den beteiligten Völkern Wohlstand und Fortschritt bringen soll. Gebaut werden wichtige Vorzeigeprojekte, neue Straßen, Einbahnlinien, Häfen und Flughäfen. Finanziert werden die zum Teil recht anspruchsvollen Vorhaben von chinesischen Banken.
Die Bauaufträge gehen zumeist an chinesische Unternehmen und die führen die Arbeit in der Regel so aus, wie sie es im eigenen Land gewohnt sind. Also im Zweifelsfall mit wenig bis gar keiner Rücksicht auf Natur und Umwelt. Anschließend kommt dann der erwartete Wohlstand und mit diesem können die hohen Kredite zurückgezahlt und die angerichteten Schäden behoben werden.
Probleme gibt es nur, wenn der erwartete Wohlstand ausbleibt oder durch Fehler bei der Planung gar nicht so richtig ankommen kann. Letzteres ist einer der Gründe, warum in Montenegro das Projekt der mit chinesischer Hilfe gebauten Autobahn, die den Hafen von Bir mit der serbischen Grenze verbinden soll, gerade zu scheitern droht.
944 Millionen US-Dollar ließ sich das kleine europäische Land den Traum von der überregionalen Straßenverbindung kosten. In Kürze wird die erste Tranche für Zinsen und Tilgung in Höhe von 67,5 Millionen US-Dollar fällig. Sie sollte zu einem großen Teil aus den erwarteten Mauteinnahmen finanziert werden.
Wer zahlt die Zeche?
Dumm nur, dass die Anschlussverbindungen an das bisherige Straßennetz vergessen und nicht gebaut wurden. Außerdem wird das besonders stark vom Tourismus abhängige Montenegro aktuell von der Coronakrise besonders stark betroffen.
Von der EU erhoffte man sich Hilfe. Aus Brüssel kam aber nur eine freundlich formulierte Absage. Man sei zwar der größte Investor, Handelspartner und Geber von Finanzhilfen in Montenegro, aber nicht für die Rückzahlung der bei Dritten aufgenommenen Kredite zuständig.
Nun fürchtet man auch auf dem Balkan, ein ähnliches Schicksal zu erleiden, wie Sri Lanka, das im Rahmen der neuen Seidenstraße mit einem viel zu großen Hafen beglückt wurde. Da ein Zahlungsausfall entstand, wurde nach den Bestimmungen des Kreditvertrags Hoheitseigentum an die chinesische Staatsbank abgetreten.
Dieses Schicksal könnte nun auch dem Hafen von Bir blühen. Sollte es so kommen, würde das spöttisch „Autobahn ins Nichts“ genannte Prestigeprojekt zu einer Einbahnstraße in die chinesische Schuldknechtschaft mutieren. Bittere Ironie: Viele sind der Ansicht, dass das Projekt, mit dem sich Montenegro gerade ruiniert, für die Wirtschaft des Landes nahezu nutzlos ist.