Die Impfstoffbeschaffung innerhalb der EU steht seit Wochen in der Kritik. Nun hat auch der EU-Kommissionsvize Frans Timermans nach einem Bericht des „Spiegel“ dem „Tagesspiegel am Sonntag“ gegenüber eingeräumt, auch die EU-Kommission habe Fehler bei der Impfstoffbeschaffung gemacht. Er wäre bereit, eine Bilanz zu ziehen, wenn die Pandemie vorüber sei. „Dann können wir ja sehen, was wir falsch und was wir richtig gemacht haben.“
Europa muss Impfstoff erhalten
Aktuell ginge es allerdings zunächst darum sicherzustellen, dass „ganz Europa Impfstoff bekommt“. Insgesamt sei das gemeinschaftliche Vorgehen innerhalb der EU zudem im gemeinsamen Interesse, wozu auch die Interessen der reicheren Staaten, also etwa Deutschland gehören würden.
Insgesamt hat die EU bei den vier Herstellern der inzwischen zugelassenen Impfstoffe gegen das Corona-Virus 1,4 Milliarden Impfstoffdosen geordert. Die EU selbst hat 450 Millionen Einwohner, sodass selbst bei einer zweifachen Impfung – wie bei den Impfstoffen von BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca erforderlich – rechnerisch hinreichend viele Impfstoffdosen bestellt sind.
Die Lieferungen sowie die Verteilung der Dosen jedoch stockt. Zudem hat vor kurzem Österreich der Zulassungsbehörde EMA vorgeworfen, diese sei bei der Zulassung „zu langsam“ gewesen. Das Problem zeigt sich in den Zahlen der Geimpften selbst. In Deutschland liegt gegenüber Vergleichsländern wie Großbritannien (aber auch USA oder Israel) teils um den Faktor 5 hinten. Zudem stellen sich weitere Lieferprobleme ein. AstraZeneca wird offenbar nur 100 statt 220 Millionen Impfstoffdosen bis zum Sommer liefern können.
Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber, möchte den in der EU hergestellten Impfstoff aus diesem Grund nicht mehr exportieren. Diese Drohung betrifft AstraZeneca „so lange“, wie das britisch-schwedische Unternehmen seine Zusagen nicht erfüllen würde. Ob ein Exportkrieg der großen Staaten und Wirtschaftsregionen die Lösung darstellt? Dies darf bezweifelt werden – denn Unternehmen werden ihre Produktionsstätten auch verlegen können.