In unserem heutigen Geld- und Bankensystem müssen die Geschäftsbanken nur einen geringen Teil der Spareinlagen für die jederzeitige Auszahlung vorhalten. Das System geht davon aus, dass nicht alle Sparer gleichzeitig den Bedarf oder die Not verspüren, über ihr Geld kurzfristig verfügen zu müssen.
Problematisch sind daher die sogenannten Bank-Runs, also jene Momente, in denen die Sparer die Filialen stürmen, um schnellstmöglich ihr Geld abzuheben. Als während der Finanzkrise zahlreiche Banken wankten, war deshalb eine der großen Sorgen, dass sich die Bilder aus den 1930er Jahren mit wütenden Kunden vor geschlossenen Banken wiederholen würden.
Für die Banken ist die Gefahr, in einen Bank-Run zu geraten, heute sogar noch größer geworden, denn das Online-Banking und die Geldautomaten bieten auch während der Nacht keinen Schutz davor, dass Kunden all ihr Geld abheben und die betroffenen Institute damit insolvent werden.
Wirklich überraschend kommt die derzeitige Entwicklung nicht
Die Mindestreservepolitik ist nicht problematisch, solange alle Teilnehmer ruhig bleiben und rational handeln. Dabei geht das „Stabilitäts-/Instabilitätsparadoxon“ von der Annahme aus, dass sich alle Teilnehmer rational verhalten und diese Rationalität einen vollständigen Zusammenbruch vermeidet. Mit anderen Worten: Alle Teilnehmer handeln völlig rational und keiner drückt den Alarmknopf und startet einen Bank-Run.
Soweit die Theorie. Doch gerade wenn die Sparer nun beginnen, rational zu handeln, droht ein sofortiger Bank-Run. Der entscheidende Grund für diese Annahme sind die Zinssätze. Während Anleihen des Bundes heute schon mit Zinssätzen über zwei Prozent rentieren, verzinsen manche Banken die Kundeneinlagen auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten immer noch nicht oder deutlich niedriger als zwei Prozent.
Aus Sicht der betroffenen Kunden macht es daher sehr wohl sehr viel Sinn, dieses Geld von der Bank abzuziehen und sich am Kapitalmarkt auf eigene Faust eine deutsche oder amerikanische Staatsanleihe zu kaufen. Für die Banken hingegen ist die Vorstellung, dass all ihre Kunden ab sofort äußerst rational handeln, die reinste Horrorvorstellung, denn sie wäre der Auftakt zum Bank-Run.
An dieser Zwangslage sind die Notenbanken nicht unschuldig. Sie haben über Jahre hinweg die Zinsen viel zu niedrig gehalten und sie haben im letzten Jahr die Zinsen so schnell erhöht, dass den Banken kaum Zeit blieb, sich auf die veränderte Situation einzustellen.