An den Devisenmärkten ist die türkische Lira derzeit eine der heißesten Herdplatten, auf die sich ein Anleger setzen kann und wer sich um eine Führungsposition bei der türkischen Zentralbank bewirbt, greift nach einem Schleudersitz, denn beides, sowohl der Wechselkurs der Lira als auch die Frage, ob man seinen Job bei der Notenbank behält oder nicht, hängt von den Launen des türkischen Präsidenten, Recep Erdogan, ab.
Er hat in dieser Woche den Vizechef der Zentralbank ausgetauscht und damit die Märkte erschreckt. Oguzhan Özbas musste nach dieser Nacht-und-Nebel-Aktion seinen Posten räumen. Ersetzt wird er durch Semih Tümen. Er ist Wirtschaftsprofessor an der Universität in Ankara und zugleich ein ehemaliger Berater des türkischen Präsidenten.
Es ist nicht die erste Veränderung im Führungsgremium der Notenbank in diesem Jahr, denn schon vor zwei Monaten musste der damalige Notenbankchef Naci Agbal auf Erdogans Wunsch gehen. Er stand für eine straffe Linie, die mit deutlichen Leitzinsanhebungen die Inflation wie auch die gleichzeitig Schwäche der Lira an den internationalen Devisenmärkten bekämpfen wollte.
Fehlende Unabhängigkeit der Nationalbank belastet
Obwohl Professor Tümen, der schon 2002 für mehrere Jahre als Berater der Notenbank tätig war, ein hohes Ansehen genießt und seine Ernennung von Diplomaten begrüßt wird, gab die türkische Lira nach Bekanntwerden der Entscheidung zunächst nach. Der Grund ist die fehlende Unabhängigkeit der Notenbank.
Während der abgelöste Naci Agbal für höhere Zinsen stand, gilt sein Nachfolger Sahap Kavcioglu wie Präsident Erdogan als Gegner von höheren Zinsen. Auch wenn Professor Tümen in Diplomatenkreisen eine deutlich höhere Kompetenz zugesprochen wird als der jetzigen Führung, die als persönlich unerfahren gilt, fiel die Lira gegenüber dem Euro in dieser Woche auf ein neues Rekordtief von 10,35 zurück.
Die türkische Bevölkerung leidet schon seit über zehn Jahren unter einer anhaltend hohen Teuerung. Aktuell liegt die Inflation bei astronomischen 17 Prozent. Auf derart hohen Niveaus wird sie vermutlich auch in Zukunft verharren, zumindest solange der Notenbank politisch die Hände gebunden bleiben.