Im Auswärtigen Amt soll es einen handfesten Skandal geben können. Darüber berichtet die „Welt Online“. Bis dato ist der Fall noch nicht massiv in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Daher greifen wir die Erzählung auf. Dabei möchte das Auswärtige Amt wohl das Visa-Verfahren durch ein „Auslandsportal“ digitalisieren. Für dieses Millionenprojekt sei ein Berliner Beratungsunternehmen beauftragt worden. Kurz vor der Auftragsvergabe sei eine langjährige Mitarbeiterin des Auswärtigen Amts zu diesem Unternehmen gewechselt.
Vetternwirtschaft-Verdacht im Auswärtigen Amt?
Das Auswärtige Amt habe für das Projekt externe Unterstützung gesucht und die Digitalberatung Init AG damit beauftragt, operativ bei der Umsetzung der Visadigitalisierung zu helfen, wie es aus dem Ministerium verlautete.
Brisant sei dabei, dass im Dezember 2023 eine langjährige Mitarbeiterin des Auswärtigen Amts zur Init AG gewechselt sei. Diese Mitarbeiterin habe von 2020 bis 2023 als IT-Koordinatorin im Digital-Referat des Ministeriums gearbeitet und dabei eng mit der Init AG im Rahmen des Auslandsportals zusammengearbeitet.
Anschließend habe sie die Seiten gewechselt und sei zur Init AG gegangen, was zunächst als unproblematisch betrachtet wurde. Seit etwa neun Monaten soll sie nun eine leitende Position in dem Unternehmen innehaben und arbeite erneut eng mit ihrem ehemaligen Referat im Rahmen der Weiterentwicklung des Auslandsportals zusammen. Kurz nach ihrem Wechsel zur Init AG sollen dem Beratungsunternehmen im Frühjahr Aufträge vom Auswärtigen Amt in Höhe von etwa sechs Millionen Euro erteilt worden sein.
Ob es sich hierbei um Zufall handelt, bleibt offen. Auf Anfrage wolle sich das Auswärtige Amt zu dem Fall nicht offiziell äußern, erklärte jedoch, dass bei der Auftragsvergabe alle relevanten vergaberechtlichen Vorschriften eingehalten worden seien.
Regierungskreise ließen demnach verlauten, dass das Auswärtige Amt kein Problem sehe, da die betreffende Mitarbeiterin des gehobenen Dienstes keine Entscheidungsbefugnis gehabt habe und somit nicht in die Vergabe der Aufträge an Init involviert gewesen sein soll.
Es bleibe dem Bericht nach jedoch unklar, welche möglichen Interessenkonflikte geprüft wurden und über welchen Zeitraum diese Prüfung stattgefunden habe, da das Auswärtige Amt trotz wiederholter Nachfragen keine Auskunft darüber geben wolle. Auch bezüglich der finanziellen Mittel, die an Init geflossen sind, äußere sich das Amt nur zurückhaltend. Ursprünglich war im Juli noch von zwei Millionen Euro die Rede, mittlerweile sei jedoch die Summe auf fünf Millionen Euro angewachsen. Nach Informationen von Business Insider solle Init für das Projekt jedoch insgesamt rund zehn Millionen Euro erhalten, wobei allein sechs Millionen davon ab Frühjahr 2024 – also nach dem Wechsel der Mitarbeiterin – geflossen sein sollen. Ob diese Summe die ursprüngliche Budgetplanung überschreitet, wollte das Auswärtige Amt ebenfalls nicht kommentieren.
Das Auswärtige Amt habe betont, dass Init im Rahmen des Auslandsportals keine Beratungsleistungen erbringe, obwohl intern die Aufgaben als „strategische Beratung und Umsetzungsbegleitung“ beschrieben seien.
Auf Nachfrage habe das Amt dann klargestellt, dass es sich bei den Aufgaben der Init AG nicht um „externe Beratung“ handele, sondern um Unterstützung bei der operativen Umsetzung der Visadigitalisierung. Diese Unterscheidung stütze sich auf eine Definition des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags vom 28. Juni 2006, wonach technische Fragestellungen nicht als externe Beratung gelten.
Vetternwirtschaft soll danach nicht vorliegen.