Bereits im November 2019 sagte ein Bundesrichter des Bundesfinanzhofs, dass er die Regelungen für die Rentenbesteuerung von Millionen von Rentnern für verfassungswidrig halte. Sie führe zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung, sagte Richter Egmont Kulosa damals der „Süddeutschen Zeitung“. Damals forderte FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki, dass die Bundesregierung die Zahlen zur Rentenbesteuerung vorlegen müsse. Ansonsten bleibe nur der Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Bislang blieb es allerdings lediglich der Androhung Kubickis.
Kulosa sagte damals, er halte die bis 2040 geltende Übergangsregelungen für verfassungswidrig. Seiner Ansicht nach komme es dadurch zu einer Doppelbesteuerung von Millionen von Rentner, obwohl das Bundesverfassungsgericht darauf gedrungen hatte, genau das zu vermeiden. Setzt sich Kulosas Einschätzung durch, wären nicht nur jetzige Rentner betroffen, sondern auch künftige Rentner-Generationen – Menschen, die heute 45 Jahre oder jünger sind.
Klage vor Gericht vorgesehen
Richter Kulosa, stellvertretender Vorsitzender des „für Alterseinkünfte und -vorsorge“ zuständigen zehnten Bundesfinanzhof-Senats, hat sich in einem juristischen Fachdienst zum Thema Rentenbesteuerung geäußert. Kulosa wörtlich: „Es bedarf keiner komplizierten mathematischen Übung, um bei Angehörigen der heute mittleren Generation, die um 2040 in den Rentenbezug eintreten werden, eine Zweifachbesteuerung nachzuweisen. Denn diese Personen werden ihre Rentenbezüge in vollem Umfang versteuern müssen, können ihre Beiträge aber nur 15 Jahre lang – von 2025 bis 2039, und auch dann nur bis zum Höchstbetrag (…) – ohne prozentuale Beschränkung abziehen.“
Nun hat sich ein Steuerberater aus Mannheim zur Renten-Doppelbesteuerung gemeldet. Der Steuerberater will das Finanzministerium verklagen, berichtete die „Frankfurter Rundschau“. Heinrich Braun hat sich darauf spezialisiert, die Frage der Doppelbesteuerung der Altersvorsorge zu analysieren und gerichtlich dagegen vorzugehen. Gemeinsam mit Finanzmathematiker Klaus Schindler setzt er sich für Senior:innen ein. Schindler zeigt, welcher steuerlichen Belastung Menschen im Ruhestand durch die Doppelbesteuerung ihrer Rente ausgesetzt sind.
Braun und Schindler sind der Ansicht, dass die Finanzämter versuchten, Rentenbeziehende zu täuschen und um ihr Recht zu bringen. Braun hat zudem einen Mustereinspruch für Renter:innen zur Verfügung gestellt, um gegen die Doppelbesteuerung vorzugehen. Dass Rentner überhaupt Steuern bezahlen müssen, ist an sich schon abwegig. Denn die einstmals Berufstätigen haben bereits während ihrer Erwerbstätigkeit genügend Steuern bezahlt. Eine erneute Besteuerung von Renten müssten von vorne herein gesetzlich ausgeschlossen werden – schon allein deshalb, um die grassierende Altersarmut in den Griff zu bekommen.