Nach langen, zähen Verhandlungen haben sich CDU, CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Er enthält viele kleine Regelungen im Detail. Aber den großen Wurf, der in der Lage sein könnte, das Land aus seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schieflage zu befreien, den sucht man leider vergebens.
Ein Beispiel für die vielen ins Detail gehenden Änderungen sind die geplanten Regelungen zur Einkommensteuer. Sie soll für kleinere und mittlere Einkommen etwa zur Mitte der Legislaturperiode gesenkt werden. In den betroffenen Haushalten ist die finanzielle Not allerdings schon heute so groß, dass viele den Satz unterschreiben würden, die Hütte brenne.
Da ist es gut zu wissen, dass die deutsche Politik, die ihr Augenmerk immer auf das Wohl des Volkes richtet, den Ernst der Lage erkannt hat und in zwei Jahren die Feuerwehr zum Löschen vorbeischicken wird. Falls es die Situation dann jedoch erfordert, könnte die Feuerwehr möglicherweise auch einen Umweg über die Ukraine oder die nächstgelegene Bundeswehrkaserne machen müssen. Mit dieser Möglichkeit sollte vorsichtshalber gerechnet werden.
Detailverliebt und ohne langfristige Vision
Die Pendlerpauschale für Fahrten zum Arbeitsplatz soll zum 1. Januar 2026 dauerhaft von derzeit 30 auf 38 Cent pro Kilometer erhöht werden und die Erhöhung der Flugticketsteuer wird zurückgenommen. Besuche in der Gastronomie werden wieder preiswerter, weil die Umsatzsteuer für Speisen und Getränke ab Anfang des nächsten Jahres dauerhaft auf 7% reduziert wird.
Diese Entscheidungen werden den Bürger gewiss entlasten und sind Schritte in die richtige Richtung. Sie adressieren allerdings nicht das Kernproblem, die fehlende Zukunftsfähigkeit des Landes. Diese steht und fällt mit der Frage, wie teuer die Energie im Land ist.
Zwar sollen die Stromkosten für alle um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde sinken, doch das wird kaum reichen, denn auch mit dieser Senkung bleibt der Strom in Deutschland deutlich teurer als in anderen Ländern. Für die Unternehmen heißt dies im Gegenzug, dass mit diesen Preisen in Deutschland nicht wettbewerbsfähig produziert werden kann.
„Es wird Zeit, dass sich etwas ändert“
Oder anders ausgedrückt: Viele Unternehmen werden daher auch weiterhin vor der Frage stehen, ob sie ihre Produktion ins Ausland verlagern oder gleich ganz stilllegen sollen. Wie das Land allerdings ohne industrielles Rückgrat die beschlossene Aufrüstung meistern und die vielen ins Land geholten „Flüchtlinge“ rundum versorgen soll, bleibt das Geheimnis des neuen Bundeskanzlers und seiner Mitstreiter.
Benötigt werden ernsthafte, massive Reformen, die sicher an vielen Stellen auch schmerzhaft sein werden. Angekündigt hat die neue Koalition eine Reihe von kosmetischen Veränderungen. Oder um es mit dem Wahlkampfslogan der CSU aus dem letzten Bundestagswahlkampf auszudrücken: „Es wird Zeit, dass sich etwas ändert“.