So teuer wie aktuell waren die Ölpreise seit sieben Jahren nicht mehr und selbst dreistellige Preise für ein Fass Öl mit 159 Liter Inhalt, erscheinen mittlerweile wieder vorstellbar. Der neuerliche Preisanstieg kommt zu einer Zeit, in der die Wirtschaft noch längst nicht wieder ihre alte Stärke erreicht hat und und in der sich alle Welt auf die Dekarbonisierung ihrer Produktionsprozesse und Antriebstechniken vorzubereiten scheint.
Eigentlich sollte man vor diesem Hintergrund eher tiefe Ölpreise erwarten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Man könnte nun argumentieren, dass vor allem ein Drohnenangriff auf ein Öllager in den Vereinigten Arabischen Emiraten für den jüngsten Anstieg der Ölpreise verantwortlich ist. Doch diese Erklärung greift zu kurz.
Weitaus treffender ist die Frage, ob die erdölfördernden Staaten überhaupt genügend Spielraum haben, um ihre Öl-Förderung so weit zu steigern, dass der anhaltende Preisdruck wieder nachlässt. Eng damit verbunden ist die Frage, ob sie dies überhaupt wollen.
Die USA und der Iran stehen im Fokus
Zusätzliches Öl könnte auf den Markt kommen, wenn die Verhandlungen mit dem Iran über das Atomabkommen zu einer Einigung führen und die Sanktionen gegen die islamische Republik aufgehoben werden. Es ist allerdings kaum zu erwarten, dass die USA hier nachgeben werden, nur weil die Spritpreise an den amerikanischen Tankstellen einfach nicht sinken wollen.
Auch bei der zweiten Möglichkeit, das Öl-Angebot kurzfristig zu erhöhen, stehen die USA im Mittelpunkt, denn ihre Schieferölproduzenten, die in den Jahren nach 2014 mit ihrem Überangebot sehr stark dazu beigetragen haben, die Ölpreise unter Druck zu bringen, halten sich bislang noch zurück.
Ihnen steht der Sinn derzeit nicht nach neuen Investitionen und zusätzlichen Bohrungen. Wie selbstzerstörerisch diese sein können, hat man in den vergangenen Jahren schmerzlich am eigenen Leib erfahren. Außerdem rechnet sich das eigene Geschäft umso mehr, je weiter der Ölpreis steigt.
Eine kurzfristige Entspannung der Situation ist daher kaum zu erwarten. Eher das Gegenteil könnte der Fall sein, wenn beispielsweise weltweit die Corona-Maßnahmen im Frühjahr enden und die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt, ohne dass gleichzeitig die Erdölförderung nennenswert ausgeweitet wird.