Einer der wichtigsten Aspekte der aktuellen Krisen ist, dass diese nicht quasi über Nacht vom Himmel gefallen sind, sondern sich langsam aber sicher aufgebaut haben. Das gilt ebenso für den Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation wie auch für die aktuelle Gaskrise. Über Jahre hinweg hätte man sie kommen sehen können, wenn man denn bereit gewesen wäre, genau hinzusehen und alle Aspekte, die mit den verschiedenen Fragestellungen verbunden sind, in den Blick genommen hätte.
Wir Menschen neigen aber zu einer selektiven Wahrnehmung. In dieser sind uns die Aspekte, die unser aktuelles Weltbild unterstützen, gerade sehr präsent, während die anderen Gefahr laufen, unbeachtet zu bleiben. Niemand ist vor der Gefahr einer viel zu selektiven Sicht geschützt. Deshalb tun wir alle gut daran, immer wieder einen Schritt zurückzutreten und die Dinge auch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Eine andere Perspektive kann dabei auch bedeuten, dass wir zeitlich einen anderen Standpunkt einnehmen als jenen, der jetzt gerade Hochkonjunktur hat. Der Bereich, in dem diese Vorgehensweise momentan besonders angebracht ist, sind die Rohstoffe, oder besser gesagt die Versorgung mit ihnen. Wohin es führen kann, wenn diese wichtige Frage zu lange ausgeblendet wird, zeigt aktuell das Beispiel Gas.
Eine ähnliche Versorgungskrise, wie wir sie dort gerade live erleben, könnte sich schon in drei bis vier Jahren beim Kupfer wiederholen. Das Kupfer steht gerade nicht im Fokus, weder der Politiker noch der Anleger. Sein Preis kam in diesem Jahr wieder deutlich zurück, auch wenn er sich seit Anfang Juli wieder leicht erholt hat.
An Kupfer besteht noch kein Mangel, doch das wird sich schon bald ändern
Auch das erinnert an das Gas, denn noch vor zwei Jahren war dieses ausgesprochen preiswert. An eine Krise wie der heutigen dachte damals niemand. Doch genau sie könnte uns beim Kupfer drohen, denn bis zur Mitte des Jahrzehnts erwarten die großen Bergbaukonzerne ein ausgewogenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Danach kippt die Waagschale.
Schon jetzt spiegelt sich der Wandel zur Elektromobilität in einer größeren Nachfrage nach Kupfer wider. Doch diese Entwicklung nimmt erst langsam Fahrt auf. Geht sie so weiter wie bisher, wird die Kupfernachfrage in den Jahren zwischen 2025 und 2030 kräftig anziehen. Auf diese zusätzliche Nachfrage wird die Branche allerdings nicht vorbereitet sein.
Denn dazu wird die Entwicklung neuer Projekte viel zu zurückhaltend und vorsichtig betrieben. Das liegt auch am aktuellen Kupferpreis. Weil er so niedrig ist, halten sich die Entwickler zurück. Die Projekte werden erst dann mit Nachdruck vorangetrieben werden, wenn auch der Kupferpreis stimmt. Dann dauert es aber etliche Jahre, ehe in den neuen Minen das erste Kupfer gefördert werden kann.
Weitsichtigen Zeitgenossen ist damit schon heute klar, das auf die heutige Gaskrise nicht nur die zukünftige Kupferkrise folgen wird und massiv explodierende Preise für Kupfer nicht nur eine Frage der Zeit sind, sondern wahrscheinlich auch lange anhalten werden.