Große Veränderungen kommen manchmal über uns wie eine Naturgewalt. In den meisten Fällen vollziehen sie sich jedoch eher langsam und zunächst unspektakulär. Erst in der Rückschau kann ein Ereignis benannt werden, das den Punkt darstellte, der zum Umschlag führte. Der 3. November 2021 hat Chancen, in den kommenden Jahren zu einem solchen Punkt aufzusteigen.
Zusammenkommen wird an diesem Tag die US-Notenbank zu ihrer nächsten Sitzung. Da die Zusammenkunft der Notenbankgouverneure im Abstand von sechs Wochen regelmäßig stattfinden, sollte man meinen, dass eigentlich nicht viel Aufregendes passieren könne. Doch der Tag könnte nicht nur für die Finanzmärkte, sondern auch für alle anderen langfristig von großer Bedeutung sein.
Erwartet wird, dass die Federal Reserve Bank am 3. November mit dem sogenannten Tapering beginnt, also die Drosselung des Ankaufs von Staatsanleihen und auf US-Dollar lautende Hypotheken beschließt. Aktuell kauft die US-Notenbank pro Monat Wertpapiere im Umfang von 120 Milliarden US-Dollar an.
Eine Straffung der Geldpolitik ist und bleibt eine Straffung
Das ist zusätzliches Geld, das aus dem Nichts erzeugt wird und dem keine neue Wirtschaftsleistung gegenübersteht. Erwartet wird, dass die Anleihenkäufe pro Monat um 15 Milliarden US-Dollar zurückgeführt werden und damit bis Mitte 2022 auslaufen werden.
Sollte dieser Plan tatsächlich in die Tat umgesetzt und anschließend auch eisern durchgehalten werden, wovon zunächst einmal auszugehen ist, entzieht die FED dem Finanzsystem Monat für Monat Geld. Auch wenn US-Notenbankchef Jerome Powell es derzeit nicht so darstellen möchte, ist dieser Schritt eine erste Straffung der Geldpolitik.
Mit anderen Worten: Geld wird in Zukunft wieder ein knapperes und damit teureres Gut werden, denn wenn eine Aufstockung der Geldmenge eine Lockerung der Geldpolitik darstellt, dann ist jede Reduzierung dieser Ausweitung der erste Schritt zu einer Straffung der Geldpolitik.
Steigende Zinsen sind Gift für die Aktienmärkte und schwächen den Konsum
Der Schritt der Notenbank dürfte mittelfristig zu einem Anstieg der US-Zinssätze führen. Ob diese das hohe Niveau der Inflation je erreichen werden, ist eine andere Frage. Doch auf die verwöhnten und heißgelaufenen Aktienmärkte, insbesondere den technologielastigen NASDAQ, dürften die steigenden Zinsen wie Gift wirken.
Aber auch die Realwirtschaft wird früher oder später betroffen sein, denn die Verschärfung der Geldpolitik kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die US-Wirtschaft in eine Stagflation, also eine Mischung aus hoher Inflation und schwachem Wachstum, hinübergleitet.
Das alleine schon bedeutet weniger Aufträge für die Firmen und weniger Arbeit für die Menschen, die weil sie arbeitslos geworden sind oder fürchten, es bald zu werden, ihren Konsum einschränken. Eine Straffung der Geldpolitik ist vor dem Hintergrund der massiven Inflation unvermeidlich. Sie wird aber zwangsläufig dazu führen, dass sich der Abwärtstrend eher verschärft als verlangsamt.
So sind am Ende alle von der Entscheidung der US-Notenbank betroffen, die Aktionäre früher und die anderen nur etwas später.