Häme und Hohn lassen sich aus den Zeilen der Berichterstattung zum Beginn der neuen Woche herauslesen. Die Bundestagsabgeordneten werden auf eine Teil ihrer Diäten verzichten müssen, heißt es. Diäten werden zum 1. Juli jeweils in Anlehnung an die Nominallöhne des Vorjahres „angepasst“. Die sind maßnahmenbedingt jeweils im zweiten und dritten Quartal 2020 gefallen. Nach 2,1 % Plus im ersten Quartal ging es um 4 % und dann 1,3 % abwärts. Damit könnten die Diäten tatsächlich sinken. Der Triumph der „Bild“ dürfte jedoch nach Meinung von Beobachtern ein Schauspiel sein.
Mini-Verzicht versus Existenz
So gibt diese Absenkung den Abgeordneten der – in Corona-Fragen fast als Einheitspartei zu qualifizierenden – Fraktionen im Bundestag das Narrativ an die Hand, jeder trage sein Scherflein bei. Dabei errechnen sich die Verluste der Bundestagsabgeordneten je nach Stellung in der Fraktion und nach den tatsächlichen Nominallöhnen auf vielleicht 150 bis 200 Euro (Basis der Annahme ein Nominallohn-Abschlag über insgesamt bis zu 2 % im gesamten Jahr). Das dürfte verkraftbar sein.
Die Verluste hunderttausender oder gar von Millionen Menschen durch die Maßnahmen – seien sie berechtigt oder nicht – werden sich indes deutlich höher auswirken. Der Hebel für Betriebe, die schließen müssen, ist schlicht die Existenz. Die Regierung, die an sich vom Parlament in ihrer Arbeit kontrolliert werden müsste, hat beschlossen, den Antrag auf Insolvenz nicht nur bis zum 31. Dezember 2020, sondern nun bis zum 31. Januar 2021 auszusetzen.
Der Grund, so jedenfalls zahlreiche Kommentare, liegt auf der Hand. Die Behörden – deren Vorsitz die Regierung innehat -, haben es nicht einmal geschafft, die Überbrückungshilfen rechtzeitig auszuzahlen. Vor diesem Hintergrund lassen sich 100 oder 200 Euro Brutto-Reduktion bei den Abgeordneten-Diäten verschmerzen. Zudem darf wie beschrieben daran erinnert werden, dass das Parlament seine Kontrolltätigkeit bei den Corona-Maßnahmen bereits abgegeben hat. Die Leistung entfällt schlicht.