Getreu der alten Weisheit, dass ein Unglück oftmals nicht alleine kommt, könnten der Welt in diesem Jahr nicht nur die Weizenexporte der Ukraine, sondern auch die Russlands fehlen. Schon das mögliche Fehlen der ukrainischen Ernte ist alles andere als unbedeutend, denn sie wird sich in diesem Jahr vermutlich auf etwa zehn Millionen Tonnen belaufen, die für den Export grundsätzlich zur Verfügung stehen.
Noch bedeutender ist die Stellung Russlands, denn das Land ist vor den Ländern der Europäischen Union der größte Weizenexporteur. Für das laufende Jahr schätzt das US-Landwirtschaftsministerium, dass auf russischen Feldern eine Weizenernte von ca. 33 Millionen Tonnen geerntet werden wird.
Auch der russische Getreideverband erwartet ein ähnlich hohes Niveau. Er geht davon aus, dass ein Exportvolumen von 35 Millionen Tonnen zur Verfügung stehen wird. Ob am Ende tatsächlich Weizen in dieser Größenordnung ausgeführt werden wird, ist dennoch fraglich.
Aus Sorge um die Preise im Inland zieht der Kreml die Daumenschrauben an
Zwar unterliegen die russischen Weizenlieferungen noch keinen direkten westlichen Sanktionen, indirekt sind sie dennoch von den Sanktionen betroffen, denn die Bezahlung der Lieferung müsste über die russischen Banken abgewickelt werden, die derzeit vom SWIFT-System ausgeschlossen sind.
Noch schwerer wiegt jedoch, dass Russland selbst bereits vor einiger Zeit eine Exportsteuer eingeführt hat. Sie stellte für den Kreml das Mittel der Wahl dar, um den Preis im eigenen Land besser kontrollieren zu können. Damit nicht genug, hat Russland in diesem Jahr auch einen Exportstopp für Weizen, Gerste, Roggen, Mais und Mischgetreide verfügt.
Er gilt zunächst bis zum 30. Juni 2022 und betrifft die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion, also Armenien, Kasachstan, Kirgistan und Weißrussland. Sie waren zuvor von der Exportsteuer und den Ausfuhrquoten noch nicht betroffen gewesen. Dass inzwischen auch diese befreundeten Länder mit Einschränkungen leben müssen, lässt für die Exporte in die restliche Welt ebenfalls deutliche Einschränkungen erwarten.