Ein neuer Vorstoß des Bundesamts für Soziale Sicherung sorgt derzeit für heftige Diskussionen: Künftig könnte die Wahlbeteiligung Einfluss auf die Berechnung der Krankenkassenbeiträge nehmen. Dies würde bedeuten, dass Personen, die nicht an Wahlen teilnehmen, möglicherweise mit höheren Beiträgen oder gekürzten Leistungen konfrontiert werden.
Seltsame Bestrafung!
Dieser Vorschlag stammt aus einem umfangreichen Bericht, der der „Bild“-Zeitung vorliegt. Das Bundesamt, das dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt ist, argumentiert darin, dass es einen „statistisch relevanten Zusammenhang“ zwischen der Wahlbeteiligung und den finanziellen Überschüssen oder Defiziten auf regionaler Ebene gebe. Geplant ist, die Wahlbeteiligung künftig in den Risikostrukturausgleich (RSA) einfließen zu lassen, der die Finanzströme zwischen den Krankenkassen regelt.
Der Reformvorschlag soll Ende September beschlossen werden, doch konkrete Details zur Umsetzung sind noch unklar. Fest steht jedoch, dass Gebiete mit traditionell niedriger Wahlbeteiligung, wie Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern oder Bremen, besonders stark betroffen sein könnten.
Besonders aus Regionen, die von der Reform negativ betroffen wären, gibt es deutlichen Widerspruch. Anna-Kristina Mahler, Sprecherin der AOK Sachsen-Anhalt, nannte die Wahlbeteiligung ein „völlig ungeeignetes Kriterium“ für die Beitragsberechnung. Sie warnte davor, dass ihre Krankenkasse allein durch diese Änderung etwa 24 Millionen Euro verlieren könnte. Auch im Landtag von Sachsen-Anhalt kam parteiübergreifend Kritik auf. Während die Grünen den Plan als „absurd“ bezeichneten, sprach die CDU von einer „nicht nachvollziehbaren“ Maßnahme, und die AfD sprach von einer „haltlosen“ Idee.
Tobias Krull, CDU-Abgeordneter im Landtag, warnte zudem, dass bei Umsetzung entweder die Beiträge erhöht werden müssten oder Einsparungen bei freiwilligen Zusatzleistungen wie Zahnreinigung oder Rückenschule drohen.
Die Idee, politische Beteiligung als Grundlage für soziale Leistungen heranzuziehen, weckt bei vielen Bedenken. Kritiker sehen hierin einen gefährlichen Präzedenzfall, der in Richtung eines umfassenden „Social-Scoring-Systems“ führen könnte, ähnlich dem Modell in China, bei dem das Verhalten der Bürger streng überwacht und sanktioniert wird.