Sie halten die Züge der Deutsche Bahn für chronisch verspätet? Nun, dann haben Sie wohl schon lange nicht mehr auf eine wichtige Lieferung gewartet, die aus dem Ausland per Containerschiff nach Deutschland geliefert wird. Auf den Schiffen und an Land in den Häfen wird das Chaos von Tag zu Tag größer.
Wie der Branchendienst Maritime Analysis mitteilt, war im April nur noch ein Viertel aller Containerschiffe pünktlich unterwegs. Das ist ein deutlicher Abfall gegenüber dem April 2020, als immerhin noch über 70 Prozent aller Schiffe im vorgesehenen Zeitplan verkehrten und selbst dieser Wert liegt deutlich unter dem Durchschnittswert der Deutschen Bahn.
Bisher waren vorwiegend amerikanische und chinesische Häfen betroffen. Los Angeles und Long Beach kämpften schon seit dem Beginn der Coronakrise mit Wartezeiten für Containerschiffe. In Singapur, einem der vier größten Containerumschlagplätze der Welt, sorgte fehlendes Personal für eine schleppende Abfertigung, weil viele Arbeiter aus dem Ausland kamen und Reisebeschränkungen ihre Rückkehr erschwerten.
Nun kommen auch Deutschlands Häfen an ihre Grenzen
Bislang waren diese Probleme für die deutschen Häfen die Probleme der anderen. Doch nun kommen auch die deutschen Umschlagplätze an ihre Grenzen. Weil die Wartezeiten zu lang wurden, laufen die Schiffe der beiden größten Reedereien Maersk und MSC den Hamburger Hafen seit Anfang Juni nicht mehr an.
Abweichend von der normale Planung werden die Container in Bremerhaven und Wilhelmshaven umgeschlagen. Abgewälzt wird das Chaos auf die Spediteure. Diese liefern normalerweise wenige Tage, bevor das Schiff ausläuft, den Container im Hafen an. Bei Verspätungen bis zu drei Wochen geht das nicht mehr, denn für so viele Container fehlt in den Häfen der Platz zum Abstellen.
Container dürfen aktuell deshalb maximal 48 Stunden vor dem Auslaufen des Schiffes angeliefert werden. Stellplätze in der Region hat sich der Spediteur auf eigene Kosten zu suchen, falls er nicht kurzfristig anliefern kann oder will. Da viele Container auch per Binnenschiff angeliefert werden, stauen sich die Container in der Zwischenzeit auch bereits im Binnenland und auf dem Rhein.