Die Forderungen nach einer EU-Atombomben-Aufrüstung werden größer und zahlreicher. So hatte sich bspw. die SPD-Europa-Politikerin Barley zuletzt relativ offen dafür ausgesprochen, dies zumindest nicht auszuschließen. Nun allerdings wird die Diskussion etwas angehalten – ausgerechnet durch die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann. Die forderte dazu auf, das Thema „nicht in der Öffentlichkeit“ zu diskutieren.
Das ist erstaunlich, denn eigentlich müsste eine solch heikle Frage wohl in der Öffentlichkeit diskutiert werden – oder? Wir haben schon vor mehr als 1,5 Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass es weltweit zunehmend in diese Richtung geht.
„Wann und mit welchem Ergebnis der Krieg in der Ukraine enden wird, liegt derzeit noch im Nebel der Zukunft. Noch ist nicht klar, ob es Grenzverschiebungen geben wird und wenn ja, wo die neuen Grenze verlaufen werden. Wir dürfen allerdings jetzt schon davon ausgehen, dass die Sicherheitspolitik der Staaten in Zukunft eine andere sein wird, als die der jüngeren Vergangenheit.
Sie war seit 1968 dadurch geprägt, dass es fünf Atommächte und neben ihnen viele andere Staaten gab, die bewusst auf den Besitz von Atomwaffen verzichtet haben. Die Ukraine ist einer dieser Staaten, die Verzicht geübt haben. Nun befindet sich das Land in einem Krieg mit einer der fünf Atommächte, die den Atomwaffensperrvertrag von 1968 unterzeichnet haben.
Und ausgerechnet auf der russischen Seite der Front wird in den Medien laut darüber nachgedacht, jetzt taktische Atomwaffen einzusetzen, um den Krieg für sich zu entscheiden. Ob sich diese Forderung wirklich in erster Linie gegen die Ukraine richtet und nicht vielmehr auf die Öffentlichkeit in den westlichen Ländern zielt, ist dabei ein Aspekt des „Spiels“ mit der atomaren Option. Er soll an dieser Stelle einmal unberücksichtigt bleiben.
Viele Staaten werden genau hinsehen, was passiert und ihre Lehren daraus ziehen
Eine andere Frage ist die, wie die anderen Nichtkernwaffenländer in Zukunft auf diese Bedrohung reagieren werden, denn sie sehen, dass drei der fünf Atommächte von 1968, die USA, Großbritannien und Frankreich, die Ukraine mehr oder weniger kräftig unterstützen, aber nicht bereit sind, sich selbst zu engagieren. Gleichzeitig sehen sie, dass China der russischen Sprachregelung folgt und nicht einmal von einem Krieg spricht, während mit Russland die letzte der fünf Atommächte von 1968 diesen Krieg sogar selbst führt.
Und nun sieht man, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker und gültige Verträge, welche die territoriale Unversehrtheit angeblich sichern, nicht mehr viel wert sind, weil das Faustrecht des Stärkeren gilt. Diesen lässt die Weltgemeinschaft im Zweifel gewähren und schreitet nicht ein, weil Handelsbeziehungen und eigene Interessen am Ende wichtiger sind. Ist das die Lektion, die aus dem Krieg in der Ukraine am Ende gelernt wird?
Wenn ja, dann muss sich die Welt darauf einstellen, dass in den nächsten Jahrzehnten nicht nur der Iran Nordkorea nachfolgen und über Atomwaffen verfügen wird. Der Wunsch, sich durch den Besitz von Atomwaffen abzusichern und als Angriffsziel unattraktiver zu machen, wird auch bei anderen Ländern wachsen mit der Konsequenz, dass auch die Zahl der Staaten, die über Atomwaffen verfügen werden, ebenso wachsen wird wie die Zahl der nuklearen Sprengköpfe selbst.
Ob das die Welt auf Dauer wirklich sicherer machen wird, darf zumindest bezweifelt werden.“