Die Kanzlerin müsse sich Fehler bei der Impfstoffbeschaffung ankreiden lassen, meinte der Starökonom Hans-Werner Sinn nun dem „Münchner Merkur“ gegenüber. Sinn vergab auf Nachfrage der Regierung für deren Politik zur Bekämpfung der Pandemie die Note „ausreichend“. Es sei nicht alles schlecht gewesen.
Im Sommer 2020 hätte er der Regierung für die damalige Politik die Note „gut“ verteilt. Die erste Welle habe die Regierung erfolgreich bewältigt. Nach dem Sommer 2020 würde er die Note „ungenügend“ verteilen.
Impfstoffbeschaffung hätte nicht der EU überlassen werden dürfen
So sei es ein Fehler gewesen, die Impfstoffbeschaffung der EU zu überlasse. Die EU habe sich intern nicht dahingehend handelseinige werden können, sie habe versucht, die Preise am Markt zu drücken. Deshalb habe die EU den Impfstoff gegen das Corona-Virus erst im November bestellt.
Die USA und „viele andere Länder“ (u.a. Indien, d. Red.) hätten den Impfstoff bereits im Juli oder August bestellt. Die Impfstoffhersteller hätten wegen der Preispolitik keinen Anreiz gehabt, die EU zu beliefern.
Den Briten schreibt Sinn zu, diese würden nun triumphieren. Damit würden zahlreiche Todesfälle vermieden. Zudem werden die Briten seiner Einschätzung nach auch deutlich früher einen wirtschaftlichen Aufschwung realisieren.
Den Fehler in der Beschaffung müsse sich auch die Kanzlerin zuschreiben lassen. Die habe wegen der deutschen Ratspräsidentschaft (2. Halbjahr 2020) die Impfstoffbeschaffung der EU überlassen. Dabei sei die Gesundheitspolitik auf Basis der europäischen Verträge nicht Aufgabe der EU.
Wie im Kommunismus, so Sinn, könne dies nicht funktionieren: „Die zentrale Beschaffung einer knappen Ware funktioniert in der Praxis nie. Das haben 50 Jahre Kommunismus gezeigt.“ Stattdessen hätten die einzelnen Staaten den Impfstoff, dann gegen höhere Preise, kaufen sollen. Dies hätte weniger Menschenleben gekostet.