Die politische Situation in Sachsen steht nach der Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses vor einer Zerreißprobe. Die AfD konnte mit Unterstützung von Teilen der Bürgerbewegung Sachsen (BSW) und der Enthaltung einiger Abgeordneter der neuen Wagenknecht-Partei im Landtag die Mehrheit für ihren Antrag gewinnen. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen: Die SPD reagierte umgehend und setzte die laufenden Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung vorerst aus.
Die Hintergründe der Entscheidung
Die AfD forderte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, um die Corona-Politik der vergangenen Jahre auf Landesebene zu analysieren. Laut AfD-Fraktionschef Jörg Urban müsse die Politik der Pandemiezeit transparent gemacht werden, um „Fehler offenzulegen und Lehren für die Zukunft zu ziehen“. Der Vorstoß wurde von der BSW-Fraktionsspitze unterstützt, obwohl die Zusammenarbeit mit der AfD innerhalb der BSW umstritten ist. BSW-Landeschefin Sabine Zimmermann argumentierte, dass der Ausschuss auch dem Minderheitenrecht diene und damit demokratisch legitimiert sei.
Die Zustimmung der BSW sorgte bei anderen Parteien jedoch für heftige Reaktionen. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) kritisierte die BSW und warf der Partei vor, nicht eigenständig für Sachsen zu handeln, sondern sich auf Bundesvorgaben zu verlassen. „Offenbar ist es dem BSW wichtiger, den Weisungen aus Berlin blind zu folgen, statt eigenständig Sachpolitik im Land zu betreiben,“ schrieb Dulig auf der Plattform X.
Die Entscheidung für den Untersuchungsausschuss stellt nicht nur die Sondierungsgespräche infrage, sondern auch die politischen Beziehungen innerhalb der möglichen Koalitionspartner. Die SPD setzte als Reaktion die geplanten Arbeitsgruppengespräche aus, um über die Zusammenarbeit mit BSW und anderen Fraktionen nachzudenken. Ein SPD-Sprecher betonte den „Klärungsbedarf“ angesichts der Unterstützung des Antrags durch potenzielle Partner. Auch die Grünen und Linken äußerten massive Kritik an der BSW und warfen der Fraktion vor, sich einer Annäherung an die AfD hinzugeben. Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) bezeichnete die Rede des AfD-Chefs Urban als „hetzerisch“ und kritisierte die mangelnde Distanz der CDU und SPD zu ihrem potenziellen Koalitionspartner BSW.
Während die AfD ihren Antrag als notwendige Aufarbeitung der Corona-Politik verteidigt, sehen die anderen Parteien die Allianz zwischen AfD und BSW als bedenklich an. Die Linksfraktion warf der AfD und dem BSW vor, eine Art „Tribunal“ zu schaffen und damit gezielt zur Spaltung der Gesellschaft beizutragen. Vertreter der Wagenknecht-Partei, die sich ursprünglich als Alternative zur AfD positioniert hatte, sehen nun in der Unterstützung des Antrags eine „Anbiederung“ an die AfD und warnen vor langfristigen Konsequenzen.
Neben dem Corona-Untersuchungsausschuss schlug die CDU vor, stattdessen eine Enquete-Kommission nach Vorbild anderer Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen einzurichten. Die SPD unterstützte diesen Vorschlag und argumentierte, dass eine Enquete-Kommission langfristig konstruktiver sei. Im Vergleich zu Sachsen haben bislang nur die Länder Hessen und Brandenburg Corona-Untersuchungsausschüsse eingerichtet, wobei diese ebenfalls durch die AfD initiiert wurden.