Für die Politik kommt das Thema zur Unzeit, denn in gut drei Monaten steht die Bundestagswahl an und die gewinnt man nicht, indem man dem Volk vorab bittere Pillen zumutet. Auch wenn diese früher oder später doch kommen müssen. So steht dem Land in den nächsten Monaten vermutlich eine erbitterte Diskussion darüber ins Haus, wann die Arbeitnehmer in Zukunft in Rente gehen dürfen.
Berater der Bundesregierung haben sich mit Blick auf die angespannte Finanzlage der Sozialkassen mit dem Vorschlag einer Rente ohne Abschläge erst mit 68 aus der Deckung gewagt. Es drohen schockartig steigende Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Rentenversicherung warnte in dieser Woche der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums.
Für die Experten ist klar, dass die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 nicht ausreichen wird. Man könne den Eintritt ins Rentenalter langfristig nicht von der Entwicklung der Lebenserwartung abkoppeln, betont der Beirat.
Ein Vorschlag mit Zündstoff
Er empfiehlt deshalb, die zusätzlichen Lebensjahre nach einer klaren Regelung zwischen Arbeitsleben und Rentenbezugszeit aufzuteilen. Das Ziel ist dabei eine dynamische Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung. Dieser Vorschlag war bereits in der Vergangenheit gemacht worden und hatte erbitterte Diskussionen ausgelöst.
Würde das heutige Verhältnis fortgeschrieben, dürfte die gestiegene Lebenserwartung bis zum Jahr 2042 einen Renteneintritt erst mit 68 Jahren bedingen, erklärte der Direktor am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München, Axel Börsch-Supan. Er war federführend an der Erstellung des Gutachtens beteiligt.
Wird das aktuelle Verhältnis hingegen beibehalten, müssen schon bald stark steigende Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse fließen. Dies ginge zulasten von Zukunftsinvestitionen wie Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz und würde die Tragfähigkeit des Sozialsystems untergraben.
Die ersten Reaktionen der Politiker waren ablehnend. Ob diese Ablehnung auch nach der Bundestagswahl noch anhalten wird, dürfte der Spätherbst zeigen. Auf diesen dürfen die zukünftigen Rentner schon einmal gespannt sein.