Die Regierung Deutschlands kämpft derzeit wie die politische Führung anderer Länder des Westens um die Rettung zahlreicher Menschen in Afghanistan. Marcus Grotian, der dem Patenschaftsnetzwerk für afghanische Ortskräfte der Bundeswehr vorsteht, sieht das Ergebnis der Bundeswehr offenbar als noch nicht besonders stark an, wie die „Welt“ zitiert. Demnach sei die Verbitterung so groß, „dass wir es nicht in Worte fassen können“. Das Netzwerk habe dem Kanzleramt im Juni und im Juli fünf Briefe geschrieben. Das habe nicht reagiert.
„Unterlassene Hilfeleistung“
Demzufolge sieht das Netzwerk die Untätigkeit der Regierung als „unterlassene Hilfeleistung“. Die Regierung habe „zu spät mit der Rückführung der Ortskräfte begonnen und sie durch bürokratische Hilfen behindert“. Insgesamt würden vor Ort 8.000 Ortskräfte sowie deren Familienangehörige betroffen sein.
Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf die „Auswahl“ der Ortskräfte. Andere Regierungen würden „alle“ Ortskräfte evakuieren. die Regierung hingegen würde diejenigen evakuieren, „die man ausgewählt hat“. Fassungslos zeigte er sich darüber, dass und wie die Regierung „jede Verantwortung“ von sich weisen würde.
Die Organisation sei von der eigenen Regierung moralisch verletzt. Dies empfinde er als „beschämend“.
Die Hauptschuld trage das Bundeskanzleramt. Das wird von Helge Braun geführt. Dieses Amt hätte die organisatorischen Möglichkeiten, unterschiedliche Interessen der anderen Ministerien zusammenzuführen. Reagiert habe das Bundeskanzleramt auf die fünf Briefe zum Thema allerdings nicht.
Inzwischen zeichnet sich ab, dass Deutschland zumindest nicht wie nötig bis zum 31. August die Ortskräfte aus Afghanistan herausholen kann. Ob die Taliban eine Verlängerung der Evakuierungsmöglichkeiten zulassen werden, ist zumindest offen. Bis dato ist nicht erkennbar, ob Helge Braun neben Heiko Maas, der sich öffentlich für die Fehleinschätzung mitverantwortlich zeichnete, auch als verantwortlich sieht.