Kampf gegen das freie Netz – wer steht dahinter?

Die Debatte um die Regulierung des Internets und den Umgang mit Online-Inhalten hat in jüngster Zeit an Intensität gewonnen. Die Bundesnetzagentur hat mit der Ernennung von REspect! zu einem „vertrauenswürdigen Hinweisgeber“ den Anlass gegeben. Diese Hinweisgeber sollen u. a. Hass und Hetze sowie Fake News im Netz aufzeigen und melden können., Plattformen sollen dann lt. Bundesnetzagentur „gesetzlich verpflichtet (sein), Meldungen von Trusted Flaggern prioritär zu behandeln und unverzüglich Maßnahmen wie bespielsweise die Löschung der Inhalte zu ergreifen.“

Dies sei eine Umsetzung des „Digital Services Act“ der EU. Norbert Härings Kommentar dazu ist brisant, denn: Dabei zeigt sich, dass die Umsetzung des Digital Services Act (DSA) der EU komplexer ist als zunächst angenommen und möglicherweise weiter reicht als ursprünglich kommuniziert.

Wer kann solche Vorgaben um- und durchsetzen?

Entgegen der Darstellung der Bundesnetzagentur, die behauptet, lediglich die Vorgaben des DSA umzusetzen, wiesen Experten wie der Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner darauf hin, dass der DSA eigentlich nur rechtswidrige Inhalte erfasst. Legale Inhalte dürften laut DSA nicht entfernt oder gemeldet werden.

Norbert Häring verweist indes darauf, dass der DSA selbst Raum für Interpretationen lässt. Wie der Richter i.R. Manfred Kölsch darlegt, unterscheidet der DSA zwischen rechtswidrigen und „anderweitig schädlichen Informationen“. Dies könnte potenziell auch nicht-rechtswidrige, aber als problematisch erachtete Inhalte einschließen. Demnach wären die dehnbaren Begriffe von Hass und Hetze oder Fake News quasi frei interpretierbar (zunächst) zu löschen. Und zwar, hier schließt sich der Kreis – eben auch vom Staat.

Die Rolle von staatlichen Institutionen in diesem Kontext ist bemerkenswert. In Baden-Württemberg beispielsweise wurde die Meldestelle Respect! in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt und dem Landesamt für Verfassungsschutz eingerichtet, um gegen „Hass und Hetze“ im Netz vorzugehen.

Im Kern aber wäre es kaum möglich, diese gewaltige und staatenübergreifend vorgenommene fast gleichlautende Welle im Kampf gegen Hass und Hetze, gegen Fake News und Desinformation einfach durchzusetzen. Häring verweist auf eine mögliche Beteiligung von Militär und Geheimdiensten an der Entwicklung von Überwachungstechnologien für das Internet. NATO- und geheimdienstnahe Organisationen schienen eine wichtige Rolle im „Kampf gegen Hass und Hetze“ zu spielen.

Zitat: „So wurden technische Methoden zur umfassenden Überwachung des Internets, die durch Faktenchecker und mutmaßlich auch durch Hinweisgeber verwendet werden, im Auftrag des US-Militärs entwickelt.“

Es wäre wichtig, sich zu vergegenwärtigen, wer auf der anderen Seite steht. Einzelpersonen seien hier unbedeutend.