Die grüne Spitzenkandidatin für das Amt der Kanzlerin, Annalena Baerbock, hat in der Interpretation der Geschehnisse in Afghanistan schwere Geschütze aufgefahren. Angesichts der Anschläge am gestrigen Donnerstagabend meinte sie gegenüber dem RND, die Bundesregierung habe bewusst nicht die Entscheidung getroffen Menschenleben zu retten. Die Regierung habe die Warnungen der Deutschen Botschaft überhört.
Innenpolitische Motive stärker als außenpolitische Wünsche
Dabei seien die innenpolitischen Motive größer gewesen als die außenpolitischen Nowendigkeiten, so Baerbock sinngemäß. Die Regierung habe die Entscheidung getroffen, um nicht wie in den Jahren 2015/2016 in eine Flüchtlingsdebatte zu laufen. Dieses Versäumnis müsse klar aufbereitet werden. Zudem gelte es, die Fehler deutlich zu benennen.
Beim Anblick der Bilder zu den Anschlägen in Kabul würde sich bei ihr alles zusammenziehen, so die Grünen-Politikerin. Die Menschen seien zum Flughafen gezogen in der „Hoffnung, dem Tod noch von der Schippe zu springen“, meinte Baerbock angesichts der tausenden von Menschen, die auf eine Evakuierung in einem der Flugzeuge gewartet hätten. Nun seien bei den Anschlägen auch Kinder zu Tode gekommen.
Mit ihrer Position liegt die Grüne nahe bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Deren Deutschland Direktor Wenzel Michalski wird nach diesem Bericht im „Handelsblatt“ dahingehend zitiert, dass es nach dem Versäumnis der vergangenen Monate nun Priorität der deutschen Regierung sein müsse, „allen Menschen mit deutschen Pässen und deren Familien sowie andere Gefährdete wie Ortskräfte, Frauenrechtlerinnen, Menschenrechsverteidiger, Journalisten, Künstler, Akademiker unbürokratisch und schnell zu helfen“ sowie diese unbürokratisch in Deutschland aufzunehmen. Dies sei die Regierung den Menschen, die im Stich gelassen worden seien, schuldig.