Die frühere Familienministerin Franziska Giffey tritt im Herbst zur Wahl als Berliner Bürgermeisterin an. Sie hat die Spitzenkandidatur wohlweislich angestrebt und damit auf Sitz und Stimme im Bundestag bzw. in der Bundesregierung verzichtet. Allerdings tritt sie nicht mehr als Dr. Giffey an, nachdem eine Plagiatsaffäre ihre Dissertation praktisch wertlos hat werden lassen. Nun hat sie im Zuge der Baerbock-Affäre Partei für die Grüne ergriffen – indirekt.
Arme Politiker werden gejagt
Die Politikerin sprang für ihre Kolleginnen und Kollegen in die Bresche. „Wir müssen uns in Deutschland mal fragen, wie wir mit denen umgehen, die sich bereit erklären, ihre Kraft, ihre Nerven, ihre ganze Arbeit für ein politisches Amt zur Verfügung zu stellen“, so zitierte sie die Bild am Sonntag.
Sofern jemand, der sich „politisch engagiert, Freiwild ist für jede Form des Angriffs, der Diffamierung und der rücksichtslosen Hetze, ist das eine Gefahr für die Demokratie.“
Dabei würde es in Deutschland inzwischen einen Automatismus dazu geben. Es reiche, wenn irgendjemand den Vorwurf des Plagiats erhebe, schon werde die gesamte Person i Frage gestellt. Auch würden Frauen härter behandelt als Männer. Der Gegenwind für Annalena Baerbock jedenfalls sei „doch deutlich stärker als für Herrn Laschet“.
Diese Aussage ist mehrfach erstaunlich. Denn Dissertationen, die Plagiate in reichlichem Ausmaß enthalten, sind schon von Rechts wegen zurückzuziehen. Dass darüber berichtet wird, wenn Politiker sich ihren Dr.-Titel auf diese Weise förmlich erschlichen haben, dürfte angesichts der öffentlichkeitsorientierten Promotion kaum überraschend sein. Zudem wird in der Regel auch in den großen Medien das Format des reinen Berichts eingehalten.
Dass Herr Laschet weniger angegangen würde als Frau Baerbock, lässt sich zumindest an der Anzahl der Beiträge objektiv wie auch am Tonfall subjektiv nicht belegen.