Die Glaubwürdigkeit von Karl Lauterbach in Deutschland scheint hoch zu sein. Der Twitter-Freund publiziert permanent Erkenntnisse von Studien und hat es damit als Dauergast in die Talkshows geschafft. Kritische Beobachter sprechen teils von Stammtisch und Stammtisch-Niveau, andere wünschen sich – vermeintliche – Experten wie Lauterbach als neuen Gesundheitsminister. Mit seiner jüngsten Erkenntnis dürfte der Zahlendeuter jedoch auch seine Fangemeinde verblüffen.
Ganz Europa bis Ende April geimpft
Lauterbach gab der „Zeit“ ein Interview, in dem er der EU schwere Vorwürfe macht. Zunächst allerdings wirbt er um das Vertrauen der Bevölkerung. „Jetzt kommt die dritte Welle. Wenn wir Vertrauen zurückgewinnen wollen, dann müssen wir mal wieder etwas machen, was wirkt.“ Er habe Verständnis für den Vertrauensverlust der Bürger, schiebt der sogenannte SPD-Gesundheitsexperte hinterher.
Die Leute seien nicht „dumm“. „Die checken, dass wir jetzt so weit sein könnten mit dem Impfen wie die Amerikaner. Wenn die EU das besser gemacht hätte, wäre ganz Europa bis Ende April geimpft. Wir hätten jetzt schon kaum noch Corona-Fälle, wir wären beim Impfen jetzt bei der Altersgruppe der 30- bis 40-Jährigen. Das wäre technisch möglich gewesen.“ Die Bürger würden auch spüren, dass noch zahlreiche Menschen verloren würden. Die Impfstoffbesorgung sei ein Fiasko gewesen.
Die Kritik allgemein teilen sicherlich zahlreiche Menschen, so jedenfalls lässt es sich den Medien in den vergangenen Wochen entnehmen. Allerdings wird nicht deutlich, aus welchen Quellen Lauterbach die – aus Sicht von Kritikern – absurde Aussage gewinnt, bis Ende April wäre ganz Europa geimpft.
Die Zahlen aus den USA können es nicht sein. Die USA sind bis Ende April ganz sicher nicht durchgeimpft. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dies könne bis zum Sommer geschehen sein – je nach politischer Lesart allerdings.
Auch Großbritannien wird bis Ende April bei weitem nicht durch sein, möglicherweise noch nicht einmal die kleineren Staaten wie Israel oder auch der aktuelle Impfweltmeister Chile.
Die Behauptung ist ganz offensichtlich sogar prüfbar so weit an der Realität vorbei, dass auch andere Zahlenwerke des Gesundheitsexperten unter dem Image dieses Schätzfehlers leiden.