als Bürger haben Sie Ihre Freiheiten und Rechte, aber über dem Recht stehen Sie deshalb noch lange nicht. Das ist so und das ist auch gut so, denn die Freiheit des Einzelnen endet zwangsläufig da, wo die Freiheit des Anderen beginnt. Das Recht und auch die Politik stehen daher immer wieder vor der Aufgabe, zu definieren und genau zu bestimmen müssen, wo die Trennlinie exakt verläuft.
An sich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass auch Politiker zwar am Prozess der Erlassung von neuen Gesetzen mitwirken, selbst aber nicht über dem Gesetz stehen, sondern wie jeder andere in diesem Staat diese zu befolgen haben. So mancher Politiker scheint aber inzwischen ein ganz anderes Rechtsempfinden zu haben.
In Berlin hat beispielsweise die grüne Verkehrssenatorin Bettina Jarasch bestimmt, dass die Friedrichstraße im Bezirk Mitte seit dem 30. Januar wieder für den Autoverkehr gesperrt ist. Gesperrt war die Straße schon früher. Allerdings hatte die Inhaberin eines Geschäfts in der Friedrichstraße gegen die Sperrung geklagt und vor dem Verwaltungsgericht Recht bekommen.
Dieses erklärte, dass eine Sperrung der Straße durch den Senat nur dann zulässig sei, wenn die Sicherheit gefährdet sei. Im Fall der Friedrichstraße läge diese Voraussetzungen jedoch nicht vor. So weit das Verwaltungsgericht im Oktober 2022. Doch was macht Berlins Spitzenkandidatin der Grünen, wenn es um die Frage geht, aktuelle gültiges Recht und aktuelle Rechtsprechung eines deutschen Gerichts oder grüne Mobilitätsideologie? Sie entscheidet sich für die Ideologie der eigenen Partei.
Auch Österreichs Bundespräsident meint, über der Verfassung zu stehen
Das Empfinden, dass diese über den gesetzlichen Vorschriften, ja sogar über der Verfassung steht, hat auch ein anderer Grüner. Es ist Alexander Van der Bellen, der österreichische Bundespräsident. Er trat vor wenigen Tagen mit der Bemerkung hervor, er würde den Vorsitzenden der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Herbert Kickl, niemals als österreichischer Bundeskanzler vereidigen, auch wenn die FPÖ, die derzeit in den Umfragen führt, die nächste Parlamentswahl gewinnen sollte.
Man könnte diese Äußerung vielleicht noch verstehen, wenn Alexander Van der Bellen schlüssige Beweise für eine nicht vorhandene Verfassungstreue von Herbert Kickl vorlegen könnte. Doch weit gefehlt. Für den österreichischen Bundespräsidenten reicht bereits aus, dass der FPÖ-Vorsitzende einer antieuropäischen Partei vorstehe und die FPÖ gegenüber Russland eine andere Politik verfolgt als die anderen österreichischen Parteien.
Na wenn das so ist, können sich die Wähler in Österreich den nächsten Wahlgang gleich sparen. Wahrscheinlich sind das die hohen westlichen Werte, die schon am Hindukusch so erfolgreich verteidigt wurden und für die auch jetzt in der Ukraine so zahlreich gestorben wird?