Die EU wird sich in Sachen Datenverarbeitung, in Sachen Kommunikation und Überwachung derselben und auch in der Überwachung insgesamt neu aufstellen. Im Februar soll es neue Regelungen zum Thema digitaler Überwachung geben – also der Kontrolle von Plattformen über ihre Inhalte. Und das passt nach Meinung von Kritikern auch zum anderen großen Thema, der Biometrie. Aus diesem gegebenen Anlass erinnern wird daran.
Die Europäische Union hat in den letzten Jahren sehr viele Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht und verabschiedet, in denen die Komponente der Überwachung, Kontrolle und Gängelung der Menschen eine sehr große Rolle spielt. So auch beim neuen KI-Gesetz. Verkauft wird es den EU-Bürgern als ein Gesetz, das bemüht ist, eine vertrauenswürdige künstliche Intelligenz zu schaffen. Heraus kommt jedoch eine weitere Form der Massenüberwachung.
Der sogenannte AI Act ist bislang nur in einer englischen Fassung bekannt. In ihr werden einige KI-Anwendungen verboten wie biometrische Kategorisierungssysteme, das Auslesen von Gesichtsbildern aus dem Internet, die Emotionserkennung am Arbeitsplatz oder soziale Bewertungen.
Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ausnahmen von diesen Verboten einen weitaus größeren Raum einnehmen und es sind gerade diese Ausnahmen für staatliche Überwachung und für den Einsatz von biometrischen Identifizierungssystemen (RBI) in öffentlich zugänglichen Räumen zu Strafverfolgungszwecken, die uns aufhorchen lassen sollten.
Tausende Unverdächtige werden zu potentiellen Straftätern erklärt und wie diese behandelt
Zu diesen Ausnahmen zählen die gezielte Suche nach Opfern zum Beispiel von Entführungen, Menschenhandel oder sexueller Ausbeutung. Auch der Versuch, eine konkrete und gegenwärtige terroristische Bedrohung zu bekämpfen, zählt zu den Ausnahmen. Ebenso die Lokalisierung und Identifizierung von Personen, die in Verdacht stehen, eine der zuvor genannte Straftaten begangen zu haben.
Das klingt alles zunächst recht akzeptabel, denn welcher Bürger will nicht vor Mord, Vergewaltigung oder Terrorismus geschützt werden. Problematisch ist allerdings, dass gewisse Gefahren leicht konstruiert werden können und selbst wenn die Gefahr real und konkret ist, wird nur eine Person gesucht, aber alle anderen Unschuldigen werden unter Generalverdacht gestellt.
Dr. Parick Preyer, ein Abgeordneter der Piratenpartei schreibt dazu in seinem Blog:„Einer gesucht, alle überwacht? (…) Die vermeintlichen Ausnahmen sind Augenwischerei – ständig sind doch Tausende Verdächtige der im Gesetz genannten Straftaten durch Richterbeschluss gesucht.“ Auch am Sinn der Maßnahmen bestehen berechtigte Zweifel, denn: „In der Realität wurde mit biometrischer Massenüberwachung des öffentlichen Raums noch kein einziger Terrorist gefunden, kein einziger Anschlag verhindert, stattdessen führt sie zu unzähligen Festnahmen Unschuldiger und bis zu 99% Falschverdächtigungen. Das Gesetz legitimiert und normalisiert eine Kultur des Misstrauens. Es führt Europa in eine dystopische Zukunft eines misstrauischen High-Tech-Überwachungsstaats.“