Alle Jahre wieder leistet sich die US-Innenpolitik ein Schauspiel, an dem auch das Ausland mit staunendem Interesse teilnimmt: das Ringen um eine neuerliche Anhebung der Schuldenobergrenze. Das politische Spektakel ist ebenso überflüssig wie absurd, denn im Grunde weiß jeder, dass die USA besser fahren würden, wenn sie die Obergrenze für ihre ohnehin nicht gerade geringen Schulden einfach streichen würden.
Das würde aber der jeweiligen Opposition in den USA die Chance nehmen, dem amtierenden Präsidenten vor den Augen des eigenen Wahlvolkes aber auch der Weltöffentlichkeit als zahnlosen Tiger vorzuführen. Und so wird das leidliche Theater auch in diesem Jahr wieder aufgeführt, nicht zum Wohl des Landes und seiner Einwohner, sondern vor allem zur parteipolitischen Inszenierung und Profilierung.
Für US-Präsident Joe Biden stellt die laufende Woche eine große Herausforderung dar, denn an ihrem Ende könnte wieder einmal ein „Shutdown“ stehen, also ein Stillstand fast aller Regierungsaktivitäten aufgrund mangelnder Zahlungsfähigkeit. Behörden, Museen und andere staatliche Institutionen blieben geschlossen und ihre Bediensteten werden in einen Zwangsurlaub geschickt.
Stichtag 1. Oktober
Am Freitag beginnt in den USA das neue Haushaltsjahr. Bis dahin muss entweder ein neuer Haushalt verabschiedet sein oder zumindest eine Übergangslösung auf den Weg gebracht worden sein. Anderenfalls kommt es zum Shutdown. Eine Übergangslösung, welche die Finanzierung der Regierungsaktivitäten auch über das Ende des aktuellen Haushaltsjahrs hinaus sichern sollte, haben die Republikaner am Montag mit ihrem Veto im Senat zu Fall gebracht.
Nun droht US-Präsident Joe Biden nicht nur die Schmach einer zeitweiligen Zahlungsunfähigkeit der von ihm geführten Regierung, sondern auch ein Misserfolg bei der Durchsetzung zweier gewaltiger Investitionspakete, ein groß angelegtes Paket für Investitionen in die marode Infrastruktur des Landes und ein zweites, nicht minder gewaltiges Investitionspaket für Soziale Anliegen.
Kommt es vor dem Wochenende nicht zu einer Anhebung der Schuldenobergrenze, droht den USA im Oktober der Zahlungsausfall, warnte Finanzministerin Janet Yellen. Es sei nicht möglich, den genauen Tag anzugeben, doch noch „im Lauf des Monats Oktober“ werde der US-Regierung das Geld ausgehen, mahnte die Ministerin. Dadurch drohe der US-Wirtschaft und den Finanzmärkten rund um die Welt ein „nicht wieder gutzumachender Schaden.“
Für Joe Biden drängt deshalb die Zeit. Er muss für seine ambitionierten Projekte bis zum Ende der Woche Mehrheiten suchen, ansonsten droht im Oktober ein kürzerer oder längerer Stillstand.