Die Europäische Zentralbank EZB möchte erklärtermaßen inzwischen das Ziel für die Inflationsrate nach oben revidieren. Statt wie bislang auf weniger als 2 % zu achten, soll die Inflationsrate künftig bei 2 % liegen. Zudem wäre die EZB bereit, auch hinzunehmen, wenn die Inflationsrate bei mehr als 2 % liegen würde. Der Blogger Norbert Häring hat dazu einen Beitrag verfasst, in dem er sich mit dem „Endspiel des Kapitalismus“ in diesem Zusammenhang beschäftigt.
Strategieänderung – die Folgen
Ausdrücklich betont die EZB: „(…) Das kann für vorübergehende Zeit auch moderate Überschreitung des Inflationsziels beinhalten“.
Die EZB, so deutet Häring, würde bei schlechter bzw. instabiler Wirtschaftslage keine höheren Leitzinsen einführen, auch wenn das Inflationsziel überschritten wäre. Im Juni habe die Inflationsrate – im Euro-Raum – bei 1,9 % gelegen. Die Tendenz werde sich wohl noch verstärken, da Rohstoffe und Zwischenprodukte inzwischen immer knapper werden.
Dies wird möglicherweise darauf hinauslaufen, dass die Inflationsrate hoch bleibt, während die Zinsen noch sehr niedrig sein werden. Unter dem Strich werde der inflationsbereinigte Zins noch stärker negativ seien. Aktuell wird der Realzins (EZB-Zins für Banken ./. Inflationsrate) bei -2,5 % taxiert.
Die Niedrigzinspolitik hingegen sei in diesem Ausmaß eine Einbahnstraße.
Die niedrigen Zinsen seien schon seit über 30 Jahren für das Entstehen diverser Blasen an Aktien- oder Immobilienmärkten verantwortlich. Kapitalbesitzer zögen bei niedrigen Löhnen (oder Lohnzuwächsen) demnach immer mehr Geld in Form von Gewinnen und Dividenden aus den Unternehmen, die weniger investierten.
Aktuell habe die Geldmengenausweitung durch Zinssenkungen sehr lange gehalten, aber – anders als in der volkswirtschaftlichen Theorie angenommen – sehr wenig zur wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen, so Häring, dass in den Finanzmarktpreisen -also für Aktien und Anleihen – schon die Erwartung verbleibender Niedrigzinsen enthalten sei.
Zinserhöhungen gäbe es nur dann noch zu vertretbaren Konditionen bzw. Reaktionen, wenn ein großer Wirtschaftsboom diese tragen könnte. Der jedoch sei kaum zu erkennen und zu erwarten.
Allerdings gilt ihm der Zins als eine tragende Säule des Kapitalismus – der Entzug von Geld aus der Wirtschaft durch Kapitalbesitzer würde eventuell über Wertsteigerungen finanziert. Das System funktioniere jedoch nur für eine bestimmte Zeit. Da die Zinsen sich nicht beliebig senken lassen, ist die Wirkweise des Instruments begrenzt.
Häring zufolge wird es demnach ein Ende der Vermögenswertsteigerungen geben – dann sei das aktuelle System zum Scheitern verurteilt. Er begreife die aktuelle Entwicklung so, dass die großen Kapitalbesitzer sich genau auf diesen Zeitpunkt vorbereiten – um sich Macht und Wohlstand zu sichern.