Das Bundeskanzleramt soll einem Bericht nach einen Antrag der Fraktionen der Ampelregierung im Deutschen Bundestag zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine verwässert haben. Das dürfte erstaunlich sein, denn der Bundestag ist nicht Teil der Regierung, sondern zum einen selbst der Gesetzgeber, zum anderen Kontrollinstanz für die Regierung.
Kanzleramt greift in Parlamentsantrag ein
„Das Kanzleramt verwässert offenbar den gemeinsamen Antrag der Ampel-Fraktionen für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine, der in dieser Woche vom Bundestag beschlossen werden soll. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf interne Dokumente aus der Regierungszentrale.
Demnach heißt es in dem Antrag, der von den Fraktionsvorsitzenden der Ampel verfasst wurde, ursprünglich: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und – sofern möglich – zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung schwerer Waffen zu ermöglichen.“ Doch der Satzteil „auch die Lieferung schwerer Waffen zu ermöglichen“ wurde von Kanzleramt rot unterlegt und mit einer Anmerkung versehen: „politisch zu prüfen“. Die Ampel-Abgeordneten wollten laut dem Dokument außerdem den Satz beschließen: „Der Deutsche Bundestag begrüßt den von der Bundesregierung angestoßenen Ringtausch, der vorsieht, dass mitteleuropäische Staaten der Ukraine eigene, rasch einsetzbare schwere Waffen aus sowjetischer und russischer Produktion, mit denen die ukrainischen Kräfte vertraut sind, zur Verfügung stellen und im Gegenzug mit schnell verfügbaren Waffensystemen ausgestattet werden.“ Doch das Kanzleramt strich zwei entscheidende Worte: „schnell verfügbaren“.
Auch weitere Forderungen nach einer entschlosseneren Haltung gegenüber Russland werden offenbar abgeschwächt, infrage gestellt oder sogar umformuliert. So schrieben die Abgeordneten etwa: „Deutschland muss sich schnellstmöglich unabhängig von sämtlichen Energie- und Rohstoffimporten aus Russland machen.“ Dies wurde vom Kanzleramt markiert und kommentiert: „In dieser Absolutheit tragbar insb. mit Blick auf Rohstoffe?“ Die Abgeordneten fordern einen EU-weiten Ausstiegsfahrplan für Energiekäufe in Russland und schreiben: „Spätestens dann muss auch ein vollständiger Ausschluss russischer Banken und Unternehmen aus SWIFT erfolgen.“ Anmerkung Kanzleramt: „Zu weitgehend?“ Die Abgeordneten wollten den Satz beschließen: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Anschluss an das von der EU beschlossene Embargo für Kohle, schnellstmöglich einen Ausstiegsfahrplan für russische Öl- und Gasimporte zu erarbeiten.“
Der Beamte aus dem Kanzleramt merkt fragend an: „So für uns tragbar?“ Rot markiert für die Prüfung durch die Wirtschaftsabteilung des Kanzleramtes werden weitere Ampel-Ideen, etwa: „sich auf europäischer Ebene für einen Importstopp von Uran, Edelmetallen und weiteren Rohstoffen aus Russland und Belarus einzusetzen“ und „einen vollständigen Ausschluss aller russischen Banken aus dem internationalen Bankenkommunikationssystem Swift umzusetzen“. Der Beamte formuliert sogar den Antrag der Ampel-Koalition im Dokument um. Die Abgeordneten schrieben: „Eine Rückkehr zur Kooperation in internationalen Organisationen, Foren und Gremien mit dem russischen Regime unter Wladimir Putin ist ausgeschlossen.“ Das Kanzleramt macht daraus: „Auch in internationalen Organisationen, Foren und Gremien kann das russische Regime unter Wladimir Putin kein Partner sein.“
Begründung für das Redigat: „Etwas weicher formuliert als `Kooperation ausgeschlossen`, sonst riskieren wir, dass ganze Gremien dysfunktional werden.“ Gleich gelöscht hat das Kanzleramt den Satz: „Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, auf einen Ausschluss Russlands aus diesem Gremium im Rahmen der G20 hinzuwirken.“ Stattdessen schreibt der Beamte in den Antrag, „gemeinsam mit internationalen Partnern auf eine Isolation Russlands auch im Rahmen der G20 hinzuwirken“.“
Bericht mit Material der dts Nachrichtenagentur