Erstaunlich: Die halbe Republik hat die „Proteste“ oder Demonstrationen der Landwirte gerade in Schlüttsiel verdammt. Die alternative „taz“ erinnert in einem Meinungsbeitrag an die alte Protestkultur – und regt sich ausdrücklich nicht auf. Viele würden diese Worte mittlerweile als wohltuend empfinden. Wir dokumentieren dies.
Protestkultur soll wieder aufleben
Die Protestkultur war in früheren Jahren etwas rabiater. Daran wird erinnert:
In den frühen Stunden des 5. Januars kam es in Schlüttsiel zu einem bemerkenswerten Zwischenfall. Eine Menschenansammlung von etwa 300 Individuen hatte sich in Richtung einer Schiffsanlegestelle begeben und dort für Aufsehen gesorgt. Die Ordnungskräfte berichteten, dass ungefähr 25 Personen versuchten, Zutritt zu einem Fährschiff zu erlangen, auf dem sich der Wirtschaftsminister Robert Habeck aufhielt. Diese Informationen seien gesichert.
Ob die Protestierenden, im Falle eines erfolgreichen Zutritts zum Schiff, gewalttätig geworden wären, bliebe Spekulation. Die Entscheidung, dass die Fähre zur Sicherheit den Anlegeplatz verlassen hat, erschiene dabei, so die „taz“ in dem Meinungsartikel nachvollziehbar.
Besorgniserregend sei allerdings die übertriebene Reaktion der deutschen Öffentlichkeit auf einen Vorfall, der sich nicht ereignet habe. Dieser Umstand offenbare einiges über die mangelhafte Protesttradition in Deutschland und zeige ein unzureichendes Verständnis von demokratischen Prinzipien. In anderen Nationen sei es standardmäßig üblich, politische Führungskräfte zu suchen, Störaktionen durchzuführen und gelegentlich ihre Fortbewegung zu blockieren. Warum sollte das nicht legitim sein, so die Frage.
Die meisten deutschen Staatsdiener reisten unerkannt, geleitet von ihren Fahrer, durch Tiefgaragen zum Bundestag und gelangten per Aufzug zum Plenarsaal. Für Wege innerhalb des Regierungsviertels nutzten sie bequemerweise unterirdische Verbindungen – so vermeide man diesem Bericht nach jeglichen externen Kontakt. Ein solcher Zustand hätte selbst einem feudalen Herrscher Sehnsüchte erfüllt, so der Schluss.
Diese symbolische Distanz sei nicht nur ein Problem an sich, es zeige sich auch eine Entfremdung in der politischen Arbeit. Es sei kein Wunder, dass Bürger die direkte Konfrontation suchen. Wer dies als Verrohung oder als undemokratisch verurteilte, sollte sich eingehender mit der Französischen Revolution beschäftigen, welche als Geburtsstätte der europäischen Demokratie gilt. Die deutsche Neigung zu Anstand und Unterordnung kontrastiere mit diesen Grundwerten häufig.
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