Sie gilt vielen Volkswirten und Notenbankern als das Schreckgespenst schlechthin. Ausgiebig zu erleben war sie mit ihrer zerstörerischen Entwicklung in den 1970er Jahren. Die Rede ist von der Stagflation, also einer Mischung aus hoher Inflation und niedrigem oder sogar negativem Wirtschaftswachstum.
Weil die Stagflation nicht ungefährlich ist, wurde in den vergangenen Monaten von verschiedenen Stellen bereits vor ihr gewarnt. Inzwischen muss vor ihr allerdings nicht mehr gewarnt werden, denn die Stagflation ist längst Wirklichkeit geworden. Darauf deutet insbesondere der wöchentliche Aktivitätsindex der Deutschen Bundesbank (WAI) hin.
Er zeichnet sich dadurch aus, dass er sich bemüht, die Entwicklung der Wirtschaft quasi in Echtzeit abzubilden. In die Berechnung des Index fließen zusätzlich zu den traditionellen Daten wie der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts oder der monatlichen Industrieproduktion auch tagesaktuelle Daten mit ein. Sie zeigen schon sehr früh an, in welche Richtung die Reise geht.
Der WAI weist in eine klare Richtung
Zu ihnen gehören beispielsweise der Stromverbrauch, aber auch die Zahl der Flüge und das Mautaufkommen auf den Straßen. Auch die Zahl der Passanten in den Fußgängerzonen der Städte wird berücksichtigt. Der Index wurde dabei so konzipiert, dass sein langfristiger Mittelwert bei null liegt.
Liegt die wirtschaftliche Aktivität über dem Durchschnitt, werden positive Werte ausgegeben. Verlangsamt sich hingegen die Aktivität im Geschäftsleben, sinkt der WAI auf Werte unter Null ab. In den vergangenen drei Wochen lag der WAI bei minus 0,6 Prozent. Das bedeutet, dass die deutsche Wirtschaft in den vergangen 13 Wochen, also in etwa dem Zeitraum eines Quartal um 0,6 Prozent geschrumpft ist.
Auf das gesamte Jahr hochgerechnet würde sich so eine Verringerung der gesamten wirtschaftlichen Aktivität um 2,4 Prozent andeuten. Gleichzeitig ist die Inflationsrate im März auf 7,3 Prozent gestiegen. Damit ist die Kombination aus hoher Inflation und wirtschaftlicher Stagnation längst erreicht.