Auch wenn der Klimawandel die politische Diskussion bestimmt und der Ausbau der regenerativen Energiequellen derzeit massiv forciert wird, so wird das Öl noch auf Jahre hinweg der wichtigste Energieträger bleiben. Mithin wird auch sein Preisverlauf zu einem sehr starken Maß das allgemeine Inflationsgeschehen mitbestimmen.
Hoch ist die Teuerung in Deutschland schon lange und wer gehofft hatte, dass die Inflation im weiteren Verlauf des Jahres etwas nachlassen würde, der bekommt dieser Tage mit dem Ölpreis einen kräftigen Dämpfer präsentiert, denn der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kletterte auf ein Drei-Jahres-Hoch.
Im Vergleich zur Vorwoche verteuerte sich das Fass Öl um knapp zwei Prozent auf zeitweise 79,52 US-Dollar. So hoch stand der in US-Dollar notierte Preis zuletzt vor drei Jahren. Für die europäischen Verbraucher kommt hinzu, dass sich der Euro im Jahresverlauf gegenüber dem US-Dollar tendenziell ermäßigt hat.
Im Hintergrund steht die Geldpolitik der Notenbanken. Während die Federal Reserve Bank in den USA dem Markt bereits vorsichtig auf erste Zinserhöhungen in 2023 vorbereitet, bewegte sich die Europäische Zentralbank in der Zinsfrage nicht einen Millimeter. Die Devisenmärkte verstanden das Signal im Frühjahr sofort und werteten den Euro gegenüber dem US-Dollar ab.
Goldman Sachs erhöht seine Preisprognose
Das hat die Konsequenz, dass Rohstoffpreise, die wie das Öl in US-Dollar notieren, für die europäischen Verbraucher währungsbedingt nochmals teurer werden als für die US-Kunden. Schuld am jüngsten Preisanstieg ist allerdings ein knappes Angebot. Weltweit kommt es zu Produktionsunterbrechungen. Die großen Ölkonzerne sehen sich deshalb derzeit dazu gezwungen, große Mengen an Rohöl aus ihren Lagern abzuziehen.
Die Delta-Variante des Corona-Virus schwächt die Nachfrage weniger als es der Markt zunächst erwartet hatte. Nun wird mehr Öl gebraucht als kurzfristig gefördert werden kann. Gleichzeitig explodiert auch der Preis für Erdgas, sodass ein Ausweichen auf andere Energieträger selbst da, wo es technisch möglich ist, ökonomisch als nicht sinnvoll erscheint.
Ein schnelles Ende dieser Entwicklung erwarten die Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs nicht. Sie schrieben in einer Mitteilung an ihre Kunden: „Wir gehen davon aus, dass sich diese Rally fortsetzen wird und rechnen zum Jahresende mit einem Preis von 90 Dollar pro Barrel gegenüber 80 zuvor.“
Das globale Ölangebot-Nachfrage-Defizit sei derzeit größer als erwartet, begründen sie ihre These. Sollte diese Erwartung Wirklichkeit werden, steht der Ölpreis in den nächsten Monaten vor einem weiteren Anstieg von 10 bis 15 Prozent und der Druck auf die Inflationsraten dürfte nochmals massiv steigen.