Das Drama um die türkische Lira geht in eine neue Runde. An Spannung mangelt es dabei nicht, denn nun steigt auch die türkische Zentralbank selbst in den Ring und nimmt es mit den Devisenhändlern auf. Interveniert hatte die türkische Notenbank zuvor seit sieben Jahren nicht mehr am Devisenmarkt.
Jetzt wird diese Zurückhaltung aufgegeben und es werden ausländische Devisen verkauft, um den Kurssturz der türkischen Lira zu beenden. Besonders im Fokus steht dabei der Wechselkurs zum US-Dollar, aber auch der Eurokurs ist ein wichtiges Barometer für die Stärke oder besser gesagt für die aktuelle Schwäche der türkischen Währung.
In einer Stellungnahme vom Mittwoch erklärte die türkische Notenbank, ihre Intervention erfolge, weil am Markt eine „ungesunde Preisbildung“ zu beobachten sei. So kann man es auch ausdrücken. Fragt sich allerdings, was konkret ungesund ist, die Reaktion des Devisenmarktes oder die ihr vorangehende Politik der türkischen Regierung, insbesondere die von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.
Diese fordert trotz anhaltend hoher Inflation, für den Oktober 2021 wurde wieder ein Kaufkraftverlust von annähernd 20 Prozent gemeldet, niedrigere Zinsen, weil diese angeblich ein stärkeres Wirtschaftswachstum fördern. Damit sträubt sich das Land gegen den Rat von Ökonomen, die allgemein zur Bekämpfung einer hohen Inflation höhere Zinssätze empfehlen.
Erdogan gießt weiteres Öl ins Feuer
Von diesen will Staatspräsident Erdogan allerdings nichts wissen. Erst kürzlich sorgte er mit einem Interview, das er dem Fernsehsender TRT gab, für Unmut und eine weitere Verkaufswelle am Devisenmarkt. Stein des Anstoßes war, dass Erdogan bis zu den nächsten Wahlen, die im Jahr 2023 anstehen, niedrigere Zinsen versprochen hatte.
Kurzfristig konnte sich der Kurs der Lira durch die Intervention der türkischen Notenbank etwas erholen. Gewonnen ist die Schlacht für die Zentralbank damit aber noch nicht. Im Gegenteil: Sollten große, finanzstarke Investoren den Fehdehandschuh aufnehmen und wie einst George Sorros im Kampf gegen die englische Notenbank im großen Stil Wetten gegen türkische Lira eingehen, könnte der Devisenmarkt auf einen Showdown zusteuern.
Im Zentrum dieses Kampfes dürfte dann die Frage stehen, wem zu erst das Geld ausgeht, den privaten Investoren oder der türkischen Notenbank. Normalerweise ist es keine gute Idee, sich an den Finanzmärkten gegen eine Notenbank zu stellen. Doch wenn diese die wirtschaftliche Realität so gegen sich hat wie augenblicklich die türkische Zentralbank, könnte die Wette am Ende doch gewonnen werden.
Beispiele dafür gibt es in der Finanzgeschichte ebenfalls. Neben dem bereits erwähnten Geroge Sorros und seinem Kampf gegen die Bank of England in der zweiten Hälfte der 1990er Jahr ist hier vor allem auf das Ringen um den fixen Goldpreises von 35 US-Dollar pro Unze in den späten 1960er Jahren und frühen 1970er Jahren zu verweisen.