Nach der deutlichen Kritik des Bundesverfassungsgerichts am Europäischen Gerichtshof (EUGH) bereitet die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland vor. Vordergründig geht es um die Frage, welches der beiden Gerichte in Streitfällen als die letzte Instanz anzusehen ist.
Hinter den Kulissen ist allerdings schon längst ein Kampf um die Macht entbrannt und diesen führt Brüssel in einer Art und Weise bei der es sich um Verträge, Recht und die eigene Glaubwürdigkeit im Zweifel herzlich wenig kümmert. Vordergründig wird darauf gepocht, EU-Recht zu verteidigen. Dies tut man allerdings nicht, indem man es selbst beständig bricht.
Mit ihrem Vertragsverletzungsverfahren fordert die Kommission die Bundesregierung auf, Einfluss auf das Bundesverfassungsgericht und seine Entscheidungen zu nehmen. Mit der im Grundgesetz wie und auch im EU-Recht verankerten Unabhängigkeit der Justiz ist ein solches Verhalten jedoch nicht zu vereinbaren.
Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen
Das scheint Ursula von der Leyen und ihre Mitstreiter allerdings nicht sonderlich zu stören. Es ist auch das Geheimnis der Europäischen Kommission wie diese ihre eigene Glaubwürdigkeit weiterhin gewahrt sieht, wenn man von Deutschland eine direkte Einflussnahme auf das oberste Gericht erwartet, Polen und Ungarn gleichzeitig aber dafür rügt, dass die dortigen Regierungen die Unabhängigkeit der Gerichte nicht wahren und beständig in deren Belange eingreifen.
Respekt vor der Verfassungsidentität der in der EU verbundenen Nationalstaaten sieht anders aus. Das lässt auch das Verhalten der Kommission immer deutlicher erkennen. Diese nimmt für sich zunehmend in Anspruch, quasi eine europäische Regierung zu sein. Als solche ist sie allerdings weder demokratisch legitimiert noch verleihen ihr das europäische Recht und die geschlossenen Verträge eine derartige Position.
Der Vertrag von Maastricht kennt keine Bankenunion unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank. Eine solche wurde auf Betreiben der EU-Kommission in der Zwischenzeit jedoch geschaffen. Der Corona-Wiederaufbaufonds, der durch die Emission eigener Anleihen der EU finanziert wird, geht in die gleiche Richtung, obwohl die geltenden EU-Verträge eine eigenständige Kreditfinanzierung der EU ausschließen.