Man mag es heute kaum glauben, doch es gab eine Zeit, da lag der Zinssatz der Europäischen Zentralbank über der offiziellen Inflationsrate. Zwei Aspekte sind an dieser Zeit aus heutiger Sicht extrem bemerkenswert: Der Zinssatz lag nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft über der Inflationsrate und der Abstand zwischen Zins und Teuerung war zudem nicht gerade klein.
Diese aus heutiger Sicht paradiesisch anmutenden Zeiten begannen 1999 mit der Gründung der EZB. Sie endeten 2008, als die Finanzkrise die Welt erschütterte und die Notenbanken plötzlich meinten, Banken und andere Spekulanten um jeden Preis retten zu müssen.
Dazwischen, man schrieb damals das Jahr 2000 erreichte der EZB-Leitzins mit 4,75 Prozent sein Allzeithoch. Es wurde im Jahr 2007 knapp verfehlt, denn im Vorfeld der Finanzkrise gab es zwar einen beständigen Anstieg des Zinsniveaus, dieser reichte aber nur noch bis auf 4,25 Prozent.
Seit um jeden Preis gerettet wird, sind die Sparer verloren
In den „guten“ Jahren der EZB lagen Inflationsrate um 1,5 bis 2,0 Prozentpunkte auseinander, wobei der Leitzins stets höher war als die Inflationsrate. Eine Ausnahme bildeten die Jahre 2003 bis 2005 als sich Zins und Inflationsrate schließlich trafen. Zu dieser Zeit blieben die Sparer erstmals ohne Gegenleistung für ihr Geld. Aber eine negative Verzinsung gab es noch nicht.
Sie wurde erst ab 2009 zur Regel, als die Europäische Zentralbank dazu überging, immer weniger auf die Entwicklung der Inflationsrate zu reagieren. Eine Konsequenz dieser Entwicklung ist, dass der Leitzins inzwischen bis auf wenige Ausnahmen immer unter der Inflationsrate liegt.
Geschützt werden nicht die Sparer, sondern die Schuldner. Gut zu erkennen war dies unmittelbar vor Corona in den Jahren 2016 bis 2019: Während die Inflationsrate schnell und dynamisch auf etwa zwei Prozent stieg und auf diesem Niveau verharrte, tat die EZB das, was sie auch jetzt tut: nichts.
Nur mit dem kleinen, aber für jeden Sparer sehr entscheidenden Unterschied, dass die Inflationsrate inzwischen bei 4,5 Prozent angekommen ist und die Erzeugerpreise im Oktober bereits auf über 18 Prozent angestiegen sind.