Kriege werden in den seltensten Fällen für hohe Ziele geführt. In der Regel geht es um Handfestes, also knallharte wirtschaftliche Interessen, politische Macht oder auch um Rohstoffe. Hannibal kämpfte mit den Römern in Spanien um die dortigen Kupferminen, in Syrien ging es primär nicht um das Assad-Regime, sondern um die Frage, ob Europa mit russischem oder arabischen Erdgas versorgt wird und auch im sogenannten Krieg gegen den Terror, den die westliche Allianz zwanzig Jahre lang in Afghanistan führte, ging es letztlich um den Zugang zu den Rohstoffen dieses Landes.
Von diesen sind die westlichen Unternehmen nun zunächst einmal abgeschnitten. Ob ganz und für immer, wird sich zeigen. Doch eines dürfte allen Beteiligten jetzt schon klar sein: Die Suche nach Alternativen hat begonnen. Zeit ist dabei ein Luxus, den keiner mehr hat, denn erstens sind in Afghanistan zwanzig Jahre relativ nutzlos ins Land gegangen und zum anderen gilt auch in der Rohstoffbranche die alte Mühlenweisheit: Wer zu erst kommt, mahlt zuerst.
Das Rennen um die besten Lagerstätten ist auch ohne das westliche Debakel Afghanistan schon lange in Gang. Die Rückkehr der Taliban an die Macht könnte die Situation in den kommenden Monaten jedoch noch einmal verschärfen. Dabei konzentriert sich die Rohstoffbranche seltsamerweise immer wieder gerne auf die gleichen Länder und Regionen, während andere sträflich vernachlässigt werden, manchmal zurecht, in vielen Fällen aber auch aus purer Ignoranz.
Ignoranz ist allerdings eine Eigenschaft, die sich in der Politik, im Wirtschaftsleben und an der Börse früher oder später rächen wird. Dann werden plötzlich wie über Nacht alle gleichzeitig wach und ein jeder bemüht sich, schnell Boden gutzumachen und die verlorene Zeit aufzuholen. Aktuell ist diese Aufbruchstimmung sehr gut in Grönland zu beobachten.
Amerikanische Milliardäre geben den Takt vor
Donald Trump wollte die Insel in den letzten Jahren seiner Präsidentschaft einfach kaufen. Zwar hatte er seine Rechnung ohne die Bewohner und die Regierung in Kopenhagen gemacht, doch auch wenn der Vorstoß auf den ersten Blick wie eine der vielen Trump-Peinlichkeiten erschien, so zeigt er doch, dass die Insel in den Fokus der Amerikaner gerückt ist.
So abwegig ist das nicht, denn Grönland, das wissen Rohstoffexperten durchaus schon seit längerer Zeit, ist sehr rohstoffreich. Außerdem liegt die Insel für die Amerikaner quasi vor der Haustüre. Aber auch aus europäischer Sicht stellt Grönland einen idealen Rohstoffstandort dar. Das Land ist politisch stabil, es gilt dänisches Recht und der Weg zu den europäischen Häfen ist vergleichsweise kurz.
Weil der Klimawandel die Nachfrage nach grünen Technologien und damit auch die Nachfrage nach grünen Rohstoffen, also Batteriemetallen wie Kobalt, Nickel und Lithium, massiv treibt und die politische Entscheidung inzwischen klar zugunsten eines forcierten Einsatzes der Batterietechnik gefallen ist, stehen die für diese Techniken benötigten Rohstoffe nun allseits im Fokus. Sie sind auf Grönland in einer Menge und in einer Qualität zu finden, die Afghanistan schnell vergessen macht.
Finanziert von amerikanischen Milliardären wie Jeff Bezos und Bill Gates sichern sich Firmen wie KoBold Metals an der Westküste große Landstriche, auf denen attraktive Vorkommen vermutet werden. Aber auch Branchengrößen wie AngloAmerican oder kleinere Unternehmen wie Major Precious Metals oder Conico Ltd. haben ihren Hut in den Ring geworfen. Die Rohstoffwelt dürfte in den kommenden Jahren ihre Blicke deshalb wesentlich öfter auf die große Insel im Nordatlantik richten als dies in den vergangenen Jahren der Fall war.