Nachdem China Evergrande die First für eine Zinszahlung für eine auf US-Dollar lautende Anleihe verstreichen ließ und damit die eigene Zahlungsunfähigkeit zu erkennen gab, keimt inzwischen am Markt wieder etwas Hoffnung auf, denn am Montag äußerte sich die chinesische Zentralbank indirekt zur Krise und signalisierte Hilfen für den angeschlagenen Immobilienentwickler.
Marktteilnehmer gehen deshalb davon aus, dass die Zentralregierung in Beijing sich darum bemühen wird, einen unkontrollierten Zusammenbruch von China Evergrande und damit eine größere Finanzkrise zu vermeiden. Konkret zum Schuldenproblem von China Evergrande Stellung nahm die Peoples Bank of China allerdings nicht.
Der Blick der Zentralbank ist auch weniger auf den Konzern selbst als auf die betroffenen Privatanleger gerichtet. Sie hatten die Firmenzentrale in Shenzhen in den vergangenen Wochen bereits gestürmt. Weil sich die wütenden Proteste der um ihre Ersparnisse geprellten Chinesen über kurz oder lang auch gegen die kommunistische Führung richten könnten, versprach die Peoples Bank of China am Montagabend, die Rechte und Interessen von Privatleuten, die am Immobilienmarkt investiert sind, zu wahren.
Es gilt für die Regierung, die aufkommende Unruhe im Volk zu besänftigen, nicht angeschlagene Immobilienentwickler zu retten
Das reichte, um den Anlegern an den Börsen in Shenzhen und Hongkong wieder etwas Mut zu machen, denn schon seit Tagen warteten die Investoren auf ein Signal der Notenbank. Gleichzeitig erklärte die Zentralbank, sie werde ihre Geldpolitik „flexibel, zielgerichtet und angemessen“ gestalten, um ein stabileres Kreditwachstum und eine angemessene Liquidität im Markt zu gewährleisten. Zur Stützung des Marktes wurden deshalb weitere Milliarden in den Geldmarkt gepumpt.
Neuer Ärger droht China Evergrande hingegen von Seiten der Provinzregierung in Shenzhen. Diese hat in einem Brief an betroffene Anleger, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte, mitgeteilt, dass sie die Vermögensverwaltungssparte Evergrande Wealth genauer unter die Lupe nehmen will. Zudem wurde China Evergrande aufgefordert, sich um die Rückzahlungen der Kredite an die Anleger zu kümmern.
An dieser Stelle könnte die Konzernführung von China Evergrande bzw. ihrer Vermögenssparte schnell in ein Minenfeld geraten, denn der hoch verschuldete Konzern hatte zur Bedienung seiner Schulden hochverzinsliche Anlageprodukte an Privatanleger verkauft. Dies geschah, wie bei anderen Immobilienentwicklern auch, oftmals unter Umgehung der staatlichen Vorschriften.
Noch gehen Marktteilnehmer davon aus, dass die Regierung im Zusammenwirken mit der Peoples Bank of China über genügend Mittel verfügt, um einen unkontrollierten Zusammenbruch von China Evergrande zu verhindern. Das Problem ist allerdings auch ein politisches. Deshalb dürfte in den kommenden Wochen der Druck auf die lokalen Provinz- und Stadtregierungen im ganzen Land steigen. Sie sehen sich einerseits einer um ihre Ersparnisse fürchtenden Bevölkerung gegenüber und andererseits einer Zentralregierung in Beijing, die angesichts der steigenden Nervosität im Volk ebenfalls unruhiger wird.