Wer glaubt, dass es sich beim Hamburger Otto-Konzern primär um eine etabliertes Handelsimperium handelt, der hat mit EOS, der Finanzsparte des Konzerns, offenbar noch keine Erfahrungen gemacht, denn EOS ist für die Eintreibung der noch offenen Rechnungen zuständig.
Das konzerninterne Inkassogeschäft ist offenbar eine lukrative Sparte, denn im Geschäftsjahr 2019/2020 trug die Tochter EOS mit einem Gewinn von 368 Millionen Euro zum Gesamtergebnis bei. Kritiker sehen das Geschäftsgebaren allerdings kritisch, denn für vergleichsweise wenig bürokratischen Aufwand werden hohe 70 Euro Gebühren in Rechnung gestellt.
Zu zahlen hat diese der säumige Kunde, weshalb selbst die Bundesregierung die Konstruktion eines konzerninternen Inkassos als ebenso „zweifelhaft“ einstuft, wie die Tatsache, dass die Kunden für die hohen Kosten des Inkassos aufkommen müssen. Das berichtet Gerhard Schick in einer Kolumne, die auf Spiegelonline veröffentlicht wurde.
Weitere Tochterfirmen treiben die Preise
Sechs Millionen Menschen habe in Deutschland bereits eine Inkassoanforderung von EOS erhalten, das ist bald jeder Zehnte. Wer beim Otto-Versand bestellt und seine Waren anschließend nicht bezahlt, erhält zunächst eine Mahnung, für die bereits drei Euro an Gebühren fällig werden.
Danach wird die Forderung von Otto in der Regel direkt an die Konzerntochter EOS weitergegeben. Hier nutzt man nach Gerhard Schicks Ansicht eine rechtliche Lücke aus und übt einen enormen Druck auf die Betroffenen aus, denn die Konzerntochter berechnet saftige Gebühren von 70 Euro für ihre eigenen Bemühungen.
Zur Steigerung des Gewinns wird die Forderung in einzelnen Fällen nochmals an eine weitere Tochter abgetreten, die erneut für ihre Dienstleistungen hohe Gebühren in Rechnung stellt. Die Frage ist deshalb berechtigt, ob es hier wirklich nur um das Eintreiben noch offener Forderungen oder um Gewinnmaximierung geht.
Zwar tritt im Oktober 2021 ein neues Gesetz in Kraft, doch eine Besserung der Verhältnisse ist durch die Novelle nicht zu erwarten. Denn obwohl die Regierung das Konzerninkasso zumindest als „zweifelhaft“ ansieht, schafft die neue gesetzliche Regelung an dieser Stelle keine Klarheit.