Öl oder Nichtöl, das ist die Frage

Die Gretchenfrage des 21. Jahrhunderts könnte die nach dem Öl werden. Auf der einen Seite will man es nicht mehr, auf der anderen Seite braucht man es doch noch viel zu sehr. Heraus kommt ein typischer Schlingerkurs, der auch in den vergangenen Wochen das politische und wirtschaftliche Tagesgeschäft bestimmte.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger steht US-Präsident Joe Biden eindeutig zu den regenerativen Energieformen. Einen starken Anstieg der Benzinpreise möchte er seinen Landsleuten derzeit aber auch nicht zumuten. So forderte er die Streithähne Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate in den letzten Wochen dazu auf, sich im Streit um die Erhöhung der Förderquoten schnell zu einigen.

Wozu noch mehr Öl, wenn derzeit alles auf eine noch schnellere Einführung von alternativen Antrieben hinauszulaufen scheint, kann man sich vor diesem Hintergrund fragen. Eine nicht ganz eindeutige, aber für die aktuelle Lage sehr typische Antwort gibt die Internationale Energieagentur (IEA). Sie rät einerseits dazu, keine neuen Investitionen in noch nicht erschlossene Erdöl-, Erdgas- oder Kohleprojekte mehr fließen zu lassen, damit das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 erreicht werden kann.

Mehr Öl ist nicht die Lösung, weniger aber auch nicht

Gleichzeitig warnt die Agentur jedoch davor, dass der wirtschaftliche Aufschwung gefährdet sei, sollten die OPEC und die mit ihr assoziierten Länder wie Russland nicht mehr Rohöl fördern und durch die ausgeweitete Förderung den Preis senken. Dabei hätten höhere Ölpreise den Verbrauch gesenkt und die Klimaziele damit begünstigt.

Ähnlich unübersichtlich stellt sich die Lage für die Produzenten dar. Da sich westliche Konzerne wie Shell und BP in Zukunft mit Investitionen zurückhalten werden, dürfte der Marktanteil Russlands und der Golfstaaten größer werden. Ob dieser wachsende Marktanteil an einem beständig kleiner werdenden Kuchen am Ende jedoch etwas bringen wird, ist eine ganz andere Frage.

Eine Sorge, die derzeit nicht nur die Vereinigten Arabischen Emirate umtreibt, ist die Gefahr, dass das Öl im eigenen Boden eines Tages nichts mehr wert sein könnte. Getrieben von dieser Gefahr würde es für die Produzenten sehr viel Sinn machen, den Schatz zu heben, bevor es zu spät ist. Also möglichst viel des schwarzen Goldes möglichst schnell auf den Markt werfen, bevor es ganz wertlos wird.