Im Auftrag der Sparda-Banken hat der ehemalige Verfassungsrechtler, Paul Kirchhof, ein Rechtsgutachten erstellt. Es lag der WELT vorab vor und enthält die Einschätzung, dass die anhaltende Niedrigzinspolitik der EZB verfassungswidrig sei. Diese Geldpolitik bedeute eine fortlaufende Enteignung der Sparer durch die Europäischen Zentralbank und verletze daher das in Artikel 14 des Grundgesetzes garantierte Recht auf Privateigentum.
„Das Sparen darf nicht als Anlageform für die Bevölkerung mit kleinem Vermögen gegenüber der Aktie und der Immobilie als Anlageform für Personen mit höherem Geldeigentum benachteiligt werden“, zitiert die WELT aus dem Gutachten, das am Montag in Berlin vorgestellt wurde.
Das politische Berlin reagierte höchst unterschiedlich auf die im Gutachten geäußerte Meinung Paul Kirchhofs. Während von den Grünen und von der Linken Widerspruch kam, geben Politiker der Union, der FDP und der AfD dem Verfassungsrechtler ganz oder zumindest teilweise recht.
Reichlich politischen Sand für die Augen der Bankkunden
Die Grüne Finanzpolitikerin, Lisa Paus, betonte, dass das Bundesverfassungsgericht wiederholt deutlich gemacht habe, dass es kein Grundrecht auf Zinsen gibt. Artikel 14 könne daher nicht gegen eine Geldpolitik in Stellung gebracht werden, „die Inflation oder Negativzinsen – bewusst oder unbewusst – in Kauf nimmt.“ Damit macht die Grüne Finanzpolitikerin zumindest deutlich, dass die Enteignung der Sparer durch den permanenten Kaufkraftverlust politisch gewollt ist.
Der Linke Finanzpolitiker Fabio De Masi ist ebenfalls von Kirchhofs Argumenten nicht überzeugt. Er lässt sich von dem Trick der Banken, die negativen Zinsen als „Verwahrentgelt“ zu bezeichnen täuschen und meint: „Auch wer ein Schließfach bei der Bank mietet, zahlt eine Gebühr. Und wer seine Aktien nicht genug streut, kann auch Verluste erleiden.“
Dabei wird unterschlagen, dass es sich sowohl beim Inhalt der Schließfächer als auch bei den gekauften Aktien weiterhin um das Eigentum der Bankkunden handelt, während die Guthaben auf Sparbücher, Tagesgeld- und Girokonten einen Kredit des Sparers an die Bank darstellen, mit dem diese anschließend arbeiten kann.