Am 25. Oktober traf den Automobilzulieferer Eberspächer ein schwerer Hackerangriff. Er legte weite Teile der Produktion und der Verwaltung lahm. Vor den Konsequenzen des Cyberangriffs zittern nun auch die Automobilhersteller, denn Eberspächer liefert wichtige Komponenten für die Abgas-, Heizungs- und Klimatechnik der Fahrzeuge.
Stefan Bratzel ist Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach und ein Kenner der Branche. Er rechnet angesichts der Schwere der Attacke selbst unter den besten Umständen mit wochenlangen Produktionsstörungen. Für die Kunden bedeutet dies, dass sie mit längeren Lieferfristen rechnen müssen.
Aus dem Umfeld des im schwäbischen Esslingen ansässigen Autozulieferers heißt es zwar, dass einzelne Werke in der Zwischenzeit wieder einen Notfallbetrieb gestartet hätten, doch von einem normalen Betrieb ist das Unternehmen immer noch weit entfernt.
Erneut rächt sich die Just-in-time-Produktion
Für die ohnehin von Materialmangel geplagte Automobilindustrie kommt der Angriff zur Unzeit, denn er verschärft die bestehenden Probleme. Augenblicklich ist die Versorgung der großen deutschen Automobilproduzenten mit den von Eberspächer hergestellten Bauteilen noch gesichert. Man beobachte die Lage aber weiterhin sehr genau, erklären die VW, Daimler und Co.
Letzteres verwundert nicht, denn viele der Komponenten, die vom Esslinger Unternehmen gefertigt werden, sind sehr groß. Eine umfangreiche Vorratshaltung dieser Teile ist daher sehr aufwendig und kostspielig. Zudem hat die Just-in-time-Produktion dazu geführt, dass die Lagerkapazitäten deutlich reduziert wurden und in der Regel nur für etwa ein bis zwei Wochen reichen.
Um Beeinträchtigungen vorzubeugen, beziehen die Autobauer die benötigten Komponenten in der Regel von zwei Zulieferern. Engpässe lassen sich mit dieser Form der Sicherheitsarchitektur allerdings nicht ganz vermeiden, denn selbst wenn der zweite Hersteller zusätzliche Komponenten liefert, benötigt er dennoch einige Zeit, bis er seinen eigene Produktion an das gesteigerte Niveau angepasst hat.
Ein Produktionsstillstand für Fahrzeugreihen aufgrund des neuerlichen Teilemangels ist daher nicht unwahrscheinlich und die betroffenen Kunden werden wohl noch etwas länger mit ihren alten Fahrzeugen weiterfahren müssen. Für Eberspächer selbst ist der Cyberangriff eine sehr teure Angelegenheit, denn pro Tag entgehen der Firma 13,5 Millionen Euro Umsatz und die Mitarbeiter wurden nach Corona erneut in Kurzarbeit geschickt.