In der Industrie ist der Materialmangel ein wiederkehrendes Phänomen. Es taucht regelmäßig auf, ist allerdings selten so ausgeprägt wie derzeit. Daher schlägt sich die Materialknappheit auch sehr deutlich auf den Auftragsbestand nieder. Wie stark, das hat das Statistische Bundesamt (Destatis) in einer Erhebung ermittelt und dabei die heutige Situation auch mit früheren Konjunkturzyklen verglichen.
„Wir beobachten im Verlauf der Corona-Krise, dass die Industrie die Nachfrage nach ihren Produkten immer schwieriger bedienen kann.
Der Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe erreichte im Sommer sein Rekordniveau. Seitdem herrscht ein regelrechter Produktionsstau“, berichtet Dr. Stefan Linz, der Leiter des Referats „Konjunkturindizes, Saisonbereinigung“ beim Statistischen Bundesamt.
Die Folge davon ist, dass die Industrieproduktion mit der hohen Nachfrage derzeit nicht Schritt halten kann. Eine der Ursachen für diese Entwicklung liegt in der nur sehr beschränkten Verfügbarkeit von Rohstoffen und Vorprodukten, die in der Produktion benötigt werden. Einen deutlichen Niederschlag findet dieses Problem in den Umfrageergebnissen des Ifo Instituts unter den Produktionsbetrieben. Aber auch in den Einfuhr- und Erzeugerpreisindizes für Vorleistungsgüter spiegelt sich dieses Problem wider.
Der Auftragsbestand steigt auf Rekordniveaus
Eine direkte Folge dieser Entwicklung ist, dass der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe auf ein Rekordhoch angestiegen ist. Seit Beginn der Zeitreihe war er noch nie so hoch wie im September 2021. Sofern die Umsätze sich nicht verändern, werden die Unternehmen 7,4 Monate benötigen, um alleine die bereits eingegangenen Aufträge abarbeiten zu können. Auch dies ist ein Rekordwert seit Einführung der Statistik im Januar 2015.
Wie stark die Corona-Pandemie sich an dieser Stelle auswirkt, zeigt ein Vergleich mit dem Februar 2020, dem letzten Monat vor dem Beginn der Einschränkungen in Deutschland. Damals lag die Reichweite des Auftragsbestands nur bei 5,9 Monaten. Sehr ausgeprägt ist der Nachfrageüberhang im Bereich des Maschinenbaus. In diesem Sektor sind gerade in den letzten Monaten die Aufträge aus dem Ausland stark gestiegen.
Materialmangel führt überall zu steigenden Preisen
Das knappe Material führt zu stark gestiegenen Preisen. Doch nicht nur die Rohstoffe haben sich deutlich verteuert. Gleiches gilt auch für die Vorprodukte. Wie stark die Preisdynamik ist, der sich die Unternehmen ausgesetzt sehen, zeigt ein Blick auf die Preise für Vorleistungsgüter. Sie lagen im Oktober 2021 im Import um 22,1 Prozent höher als im Vorjahr. In der inländischen Erzeugung war ein Preisanstieg von 18,1 Prozent zu verzeichnen.
Den größten Einfluss auf die Erzeugerpreise für Vorleistungsgüter hatten die Metalle mit einem Plus von 37,8 Prozent, denn die Preise für Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen steigen um 56,4 Prozent. Nichteisenmetalle und deren Halbzeug verteuerten sich um 29,8 Prozent. Aluminium in Rohform war um 67,4 Prozent teurer als im Vorjahr. Auch viele andere wichtige Vorleistungsgüter, die in der Industrieproduktion zum Einsatz kommen, unterlagen starken Preissteigerungen.