Die neue Handelswoche an den Börsen hatte gerade erst begonnen, doch schon am Montagabend dürften sich viele Händler und Anleger gewünscht haben, es sei schon wieder Wochenende und die beständig nachgebenden Kurse würden für zwei lange Tage mal nicht die Bildschirme beständig in rot blinken lassen und die eigene Laune verderben.
Doch bevor die Anleger bald wieder etwas durchatmen können, stehen ihnen noch einige anstrengende Börsentage bevor. Sie werden befeuert durch die nächsten Zinserwartungen der Marktteilnehmer. In ihnen spiegelt sich jetzt schon das wider, was die Anleger zwar erst in den nächsten Wochen erwarten, aber dennoch die Kurse von heute massiv beeinflusst: weitere Zinserhöhungen.
Dass es zu weiteren Zinserhöhungen kommen wird ist klar. Diskutiert wird nur noch die Frage, wann und wie viele es sein werden. Aktuell rechnen die Händler vor allem an den Anleihemärkten damit, dass die US-Notenbank ihren Leitzins bis zum September um weitere 1,75 Prozentpunkt straffen wird.
Agiert die US-Notenbank so aggressiv wie seit 1994 nicht mehr?
Der September ist aber schon recht nah, vor allem, wenn man einen Blick auf die bis dahin noch verbleibenden Sitzungen der US-Notenbank wirft. Hat die Federal Reserve Bank in den USA tatsächlich das Ziel, ihren Zinssatz um weitere 1,75 Prozentpunkte anzuheben und will sie dieses wie vom Markt erwartet bis zum Beginn des Herbst erreichen, verbleiben ihr nur noch drei Sitzungen.
In diesen müsste es jedes Mal nicht nur zu einem großen Zinsschritt, also einer Anhebung des Leitzinses um 0,5 Prozentpunkte kommen, sondern einmal auch zu einer sehr großen Anhebung um 0,75 Prozentpunkte. Das Szenario, das der Markt gerade einpreist, wäre das aggressivste Tempo, das die US-Notenbank seit 1994 an den Tag gelegt hätte.
Die Erwartungen des Marktes kommen nicht von ungefähr, denn einerseits vergleicht sich US-Notenbankchef Jerome Powell derzeit gerne mit Paul Volker, also jenem seiner Vorgänger, der ab 1979 durch eine Reihe historischer Zinsanhebungen die Inflation in den Griff bekam. Auf der anderen Seite ist längst deutlich geworden, dass die Notenbanken im vergangenen Jahr viel zu lange gezögert haben, anders als mit Worten gegen die aufkommende Inflation vorzugehen.