Hallo allerseits! Der Faktor Zeit spielt für Wirtschaft und Finanzmärkte mehr denn je eine wesentliche Rolle. Grund: Digitalisierung und Globalisierung. Junge Menschen können allenfalls nachlesen, was, wo und wie in der analogen Welt anders war. Durch die Beschleunigung aller Prozesse – auch des Börsenhandels – ist eine großartige Eigenschaft verbreitet verlorengegangen: die Geduld. Sie zurückzugewinnen erfordert eine Gegenbewegung, heißt es. Ich benutze bei passender Gelegenheit ebenfalls gerne das Wort „Entschleunigung“. Doch ist dies nicht das, was der Volksmund einen „frommen Wunsch“ nennt?
Das Thema verdient nähere Untersuchungen, die sich kaum in einem einzigen Buch zusammenfassen lassen. Auch wenn täglich die naheliegenden Ereignisse von Volkswirten und Analysten beschrieben und in ihrer Kursrelevanz prognostiziert werden, geht es mir um mehr – um die nachdenkliche Beobachtung von Entwicklungen und Trends durch ein Fernglas. Dies kann in aller Regel nur ein Versuch sein. Er trägt aber dazu bei, die Dinge mit mehr Geduld zu beurteilen.
Dazu ein kurzer Exkurs zum vielleicht schwerwiegendsten Thema des Jahrzehnts. Denn Corona (und die Bekämpfung der Pandemie) wird die Welt nachhaltig verändern. Doch schon im ersten Jahr hat das Virus heftige Kontroversen in der wissenschaftlichen Fachwelt, bei den politisch Verantwortlichen, unter Parteien und Bundesländern, in fast allen Branchen der Wirtschaft, in Kunst und Kultur sowie bei Ärzten und Pflegepersonal ausgelöst. Die Medien wirken dabei wie Katalysatoren. Kein Wunder, dass die ungeduldigen Bürger im Jahr 2020 schon kurz nach Ausbruch zu meckern begannen. Die alltäglichen Beschränkungen des Alltags und das Maskentragen sind seither zu Kristallisationspunkten breiter öffentlicher Kritik geworden. Müssen wir alle (alle!) nicht erst einmal lernen, mit dieser Katastrophe fertig zu werden? Ich mag (milde formuliert) die ewigen Meckerer und Besserwisser nicht.
Inflationsängste machen Börsianer ungeduldig
Seit ein paar Wochen steht der Erleichterung über die deutlich rückläufigen Corona-Zahlen die zunehmende Sorge gegenüber, wie es mit den steigenden Teuerungsraten und der Geldpolitik der führenden Notenbanken weitergeht. Immerhin hat die Inflation in den USA jetzt die Marke von 5 Prozent erreicht – Europa und Deutschland liegen noch ein ganzes Stück darunter. Drohen noch in diesem Jahr schwere Belastung der Kapitalmärkte durch die ersten Schritte einer monetären Wende von Fed und/oder EZB? Die winken nach wie vor ab: noch nicht auf dem Kalender.
Die Analyseergebnisse der Profis haben eine große Spannweite – und zudem meist ein hohes fachliches Niveau. Dabei sind die warnenden Stimmen in der Minderheit. Überwiegend wird von den Strategen versucht, Gelassenheit zu verbreiten. Leider liest man nur selten ausdrückliche Appelle zur Geduld. Alle denkbaren Szenarien werden durchgespielt. Doch fehlen für meinen Geschmack die Versuche, den Faktor Zeit zu konkretisieren.
So gesehen bleibe ich im Lager der Bullen – und das langfristig. Ob die Optimisten Recht behalten werden, dass steigende Inflationsraten aus verschiedenen Gründen nur ein vorübergehender Trend sein werden, wage ich nicht zu beurteilen. Denn neben den konjunkturellen Rahmenbedingungen führen auch zahlreiche strukturelle Faktoren zu einer Aufwärtsbewegung.
Wie Aktien vor Geldentwertung schützen
Von Hyperinflation sind wir mit der jüngsten Teuerung von 2,5 Prozent freilich noch meilenweit entfernt. Dass sich die seit vielen Jahren gebeutelten Zinssparer in Deutschland um ihr Geld sorgen, liegt auf der Hand. Historische Daten zeigen den Ausweg: Anlagen in Aktien brachten auf lange Sicht eine jährliche Rendite von 5 Prozent und mehr – und das nach Berücksichtigung von Inflation. Von den Teuerungsraten vergangener Hyperinflationen sind wir weit entfernt. Und selbst nach einem deutlichen Anstieg sehe ich keiner dauerhaft hohe Inflation.
Bleiben Sie geduldig, geschätzte Anleger, denn Geduld ist der entscheidende Erfolgsfaktor einer Aktienstrategie, bei der es nicht um kurzfristige Spekulation und ums Trading geht. Gut, dass gerade seit dem vergangenen Jahr immer mehr Bundesbürger realisieren: Vom Sparer zum Anleger ist der beste Schutz vor Inflation.
PS: Impfen ist der beste Schutz vor der Infektion!