In einer Rede in der Hauptverwaltung der Bundesbank in Nordrhein-Westfalen anlässlich einer Feier zum Amtswechsel warnte Bundesbankpräsident Jens Weidmann davor, die Geldpolitik der Pandemie-Monate zu einem Dauerzustand zu machen und bekräftigte seine Forderung, dass sich die Geldpolitik insgesamt wieder normalisieren müsse.
Auch dürfe das Ziel der Preisstabilität nicht aus den Augen verloren werden, sondern müsse ggf. einen Wechsel in der Geldpolitik bedingen, sobald dies mit Blick auf die Stabilität der Preise erforderlich wird. „Dies sollte letzten Endes auch einen Abbau der hohen Anleihebestände einschließen“, erklärte der scheidende Bundesbankpräsident.
Vollkommen zu Recht seien die Notfallmaßnahmen mit der Pandemie verbunden worden. Sie müssten deshalb auch in dem Moment wieder enden, in dem auch die Notsituation überwunden sei. Dazu gehöre auch, dass die erhöhte Flexibilität des Notfallankaufprogramms für Wertpapiere, PEPP genannt, nicht auf andere Programme übertragen werden.
Das Risiko einer zu hohen Inflationsrate beachten
Entscheidend für die allgemeine Ausrichtung der Geldpolitik müsse sein, wie hartnäckig der verstärkte Preisauftrieb im Euroraum sein werde. Jens Weidmann gab dabei zu, dass der Anstieg der Teuerung in Deutschland in den vergangenen Monaten auch von den Fachleuten der Bundesbank unterschätzt worden sei.
„Klar ist: Die aktuellen Preissteigerungen mindern die Kaufkraft erheblich. Und die Menschen machen sich Sorgen – in Deutschland, aber auch in anderen Ländern des Euroraums“, erklärte der Bundesbankpräsident. Er erwarte jedoch, dass der Preisdruck nachlassen werde, sobald Sonderfaktoren wie die zeitweilige Senkung der Mehrwertsteuer ausliefen und sich die Angebotsengpässe auflösen.
Dennoch erwarte die Bundesbank für diesen Monat einen Anstieg der Teuerung auf nahezu sechs Prozent und erst gegen Ende des nächsten Jahres könnte die Inflation wieder Werte unterhalb von drei Prozent erreichen. Die Bandbreite dieser Schätzung zeige jedoch, wie unsicher der Preisausblick zurzeit sei.
Dabei überwiegen aus Sicht des Bundesbankpräsidenten klar die Aufwärtsrisiken. Auch im Euroraum sei das Risiko hoch, dass die Inflationsrate mittelfristig nicht wieder unter zwei Prozent falle. „Deshalb sollte die Geldpolitik nicht einseitig auf das Risiko einer zu niedrigen Inflationsrate schauen, sondern auch auf das Risiko einer hartnäckig zu hohen Inflationsrate achten“, forderte Jens Weidmann.