Soll die Europäische Zentralbank auf die anhaltend hohe Inflation reagieren und ihre Zinssätze erhöhen? Nicht nur die Bürger der Eurozone sind in dieser Frage gespalten. Die Ökonomen sind es auch. Doch die Mehrheit von ihnen fordert zumindest in Deutschland, eine sofortige Änderung der Geld- und Zinspolitik der EZB. Das berichtet das Münchener Ifo Institut am Dienstag.
Befragt wurden dazu im Rahmen des 38. Ökonomenpanel insgesamt 145 Ökonomen in Deutschland. Durchgeführt wurde die Umfrage vom Ifo Institut in Kooperation mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der Zeit vom 22. Februar bis zum 1. März. Dabei rechnen die Ökonomen für das laufende Jahr im Durchschnitt mit einer Inflation in Höhe von 4,4 Prozent.
Diese Erwartung liegt sehr deutlich über dem Inflationsziel von zwei Prozent der Europäischen Zentralbank. Eine schnelle Beruhigung der Lage erwarten die befragten Ökonomen nicht, denn für das Jahr 2023 wird eine Inflation von 3,4 Prozent erwartet und selbst im noch relativ weit entfernten Jahr 2026 soll die Teuerung immer noch bei 2,8 Prozent liegen.
Die Teuerung wird langfristig hoch bleiben
Das sind keine guten Aussichten, weder für die Europäische Zentralbank noch für die deutschen Verbraucher und Sparer, denn Letztere verlieren beständig Geld, wenn sie auf ihre Anleihen und Bankguthaben keine Zinsen erhalten, die nicht mindestens die Inflation ausgleichen. Genau davon ist die Eurozone jedoch noch weit entfernt.
Erwartet wird, dass die Energie- und Rohstoffpreise, aber auch die bestehenden Lieferengpässe die Inflation auf einem hohen Niveau halten werden. Daneben wird als ein weiterer Preistreiber die Geldpolitik erkannt. In den nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gegebenen Antworten war auch zu erkennen, dass die Energie- und Rohstoffpreise die Inflation nun nochmals deutlich befeuern könnten.
Eine Hauptursache der beständig steigenden Preise wird jedoch auch in der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank gesehen. Daher fordern 75 Prozent der 145 Befragten auch eine unverzügliche Änderung der Geldpolitik der EZB, während nur 19 Prozent diese strikt ablehnen und weitere sechs Prozent zu dieser Frage nicht Stellung nehmen wollten.