Für Aktien interessieren sich die meisten Deutschen nur am Rande. Deshalb ist vielen nicht bewusst, was derzeit bei den sogenannten Meme-Aktie vor sich geht. Bei ihnen handelt es sich zumeist um gescheiterte Unternehmen oder solche, deren Scheitern in Kürze erwartet wird. Entsprechend ausgebombt waren ihre Kurse.
Die Betonung liegt auf waren, denn seit sich vorwiegend junge Privatanleger in Internetforen zusammenschließen und Jagd auf Hedgefonds und andere große institutionelle Anleger machen, die diese Aktien leerverkauft haben, steigen die Kurse. Sie tun das, wie das Beispiel Gamestop im Januar oder die kriselnde Kinokette AMC Entertainment aktuell zeigen, durchaus in einem schwindelerregenden Tempo.
Hinter diesen Aktionen steht pure Emotion. Hass auf die Wall Street, deren große Player bislang meinten, sie könnten machen, was sie wollen, ebenso wie der Wunsch, über Nacht reich zu werden. Das Ganze wird gepaart mit neuen Brokern, die den Börsenhandel über das Handy ermöglichen und deren Oberflächen ein wenig an bunte Computerspiele erinnern.
Ein Videospiel nur mit echtem Geld
Dass sich Horden von übermütigen oder von ihrer Mission überzeugten Privatanlegern gegen die große Wall-Street-Industrie stellen würde, hätte noch vor zwei Jahren niemand für möglich gehalten. Heute weiß man nicht mehr, wer vor wem mehr Angst haben muss. Noch sind die volkswirtschaftlichen Auswirkungen dieser extremen Spekulationswelle vergleichsweise gering. Aber das kann sich schnell ändern.
Das System funktionierte, weil eine Masse in der gleichen Weise zur gleichen Zeit handelte, und weil man sich ganz spezielle Aktien mit einer geringen Liquidität ausgesucht hat. Aber nicht nur einzelne Aktien sind markteng. Die Rohstoffe sind es auch, denn Angebot und Nachfrage sind zumeist recht ausgeglichen.
Wird dieses Gleichgewicht durch einen Käuferansturm zerstört, könnten die Folgen für die Realwirtschaft enorm sein. So warnte bereits der bekannte Hedgefondsmanager Paul Tudor Jones in einem Interview: „Gott bewahre, dass die Reddit-Crowd jemals in Rohstoffe einsteigt.“
Der Mann weiß, wovon er spricht, denn sollten die Kleinanleger auch die Rohstoffe für sich entdecken und dort aktiv werden, könnten sich die Preise leicht verdoppeln oder gar verdreifachen. Es kommt nur auf die Enge des Marktes und die Zahl der neu einsteigenden Anleger an. Was das für die Preise aller Art bedeuten könnte, dürfte auch jedem Börsenlaien sehr schnell einleuchten.