Im Rahmen der „Bitcoin 2021“-Konferenz in Miami, Florida (USA) verkündete der Präsident von El Salvador, Nayib Bukele, dass er den Bitcoin (BTC) zum offiziellen gesetzlichen Zahlungsmittel („legal tender“) in seinem Land machen möchte. Dazu muss man wissen, dass El Salvador zwar ein unabhängiger Staat in Zentralamerika (zwischen Guatemala und Honduras gelegen) ist, jedoch leider ein ziemlicher „failed state“.
Konkret äußert sich dies nicht nur in einer exorbitant hohen Mordrate, sondern auch darin, dass man über keine eigene Landeswährung verfügt. Stattdessen hat man bisher einfach den US-Dollar übernommen, der – trotz der Einführung des Bitcoin als zusätzliches, zweites gesetzliches Zahlungsmittel – seinen Status als offizielles gesetzliches Zahlungsmittel in dem Land behalten. Ist das ganze daher nur eine PR-Aktion des Präsidenten?
Ja und nein. Natürlich hat El Salvador die Einführung des Bitcoin als zweite offizielle Landeswährung auch für PR-Zwecke genutzt. So hat der Präsident bei seinem Auftritt auf der „Bitcoin 2021“ durchaus auch mit dem angenehmen Klima oder den guten Bedingungen für Surfer geworben. Aber hinter der Einführung des Bitcoin als zweite offizielle Landeswährung steckt am Ende dann doch mehr.
Der Bitcoin soll die Wirtschaft des Landes erblühen lassen…
So möchte man Krypto-Fans und -Unternehmen anlocken, was wiederum für entsprechende Investitionen in El Salvador sorgen soll. Eine erste Idee dabei ist die Wärme der vielen Vulkane in dem Land zur Stromerzeugung zu nutzen und diesen Strom für das Bitcoin-Mining einzusetzen. Ob das gelingen kann, wird man abwarten müssen. Aber zumindest dem neuesten Bitcoin-Mining-Kritiker Elon Musk dürften diese Pläne gefallen.
Was aber könnte eine Umsetzung dieser hochtrabenden Pläne für die Wirtschaft des Landes bedeuten? Nun, die aktuelle Marktkapitalisierung des Bitcoin liegt derzeit bei 690 Milliarden US-Dollar. Würde zukünftig nur ein Prozent davon infolge der Entscheidung den Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen als Investition in die Wirtschaft des Landes fließen, würde dies das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Staates um etwa ein Viertel (25%) erhöhen.
Doch so positiv auch das wäre – auch dies ist nicht der Hauptgrund für diese Entscheidung! Vielmehr ist es heute so, dass rund 70 Prozent der Bevölkerung des Landes über kein Bankkonto verfügen – und somit auch über keinerlei Zugang zum offiziellen Finanzsystem. Eines der Versprechen von Satoshi Nakamoto beim Start des Bitcoin war jedoch „Bank The Unbanked“. El Salvador testet nun, ob der Bitcoin dieses Versprechen wirklich einlösen kann.
Zu guter Letzt ist El Salvador eine Art Entwicklungsland, was man schon daran erkennen kann, dass jedes Jahr sechs Milliarden US-Dollar von im Ausland lebenden Salvadorianern in das kleine Land geschickt werden. Dabei kassieren die Banken und Finanzdienstleister (Intermediäre) hohe Gebühren, die so bei Nutzung des Bitcoin für solche Transaktionen nicht mehr anfallen würden.
Sie sehen also, dass es durchaus einige gute Gründe für die Einführung des Bitcoin als zusätzliches gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador gibt. Allerdings hat es ebenfalls seine guten Gründe, dass man den US-Dollar noch nicht aufgibt. Denn auch wenn ein Großteil der Bevölkerung über Smartphones verfügt und somit entsprechende Wallets nutzen könnte, könnte ein vollständig digitalisiertes Geldsystem doch einige Menschen überfordern.
Ein großes wirtschaftliches Experiment mit gutem Chance/Risiko-Verhältnis!
Natürlich gibt es aber auch schon die Kritiker, die das gerade erst begonnene Experiment scheitern sehen. So sei der Bitcoin ja gar keine Währung. Die Kursschwankungen (Volatilität) seien zu groß. Außerdem seien Transaktionen zu langsam und zu teuer. Zu guter Letzt könne ein deflationär angelegtes Geldsystem nicht funktionieren und würde die Wirtschaft des Landes am Ende in die Krise stürzen.
Nun, der Präsident von El Salvador hat – mit Zustimmung des Parlaments – dieses Experiment gestartet und es wird sehr interessant werden zu beobachten wie es laufen beziehungsweise ausgehen wird. Dabei sind solche wirtschaftlichen Experimente gar nicht mehr so ungewöhnlich. So experimentieren beispielsweise die Vereinigten Staaten seit Beginn der „Corona Krise“ quasi mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE).
Aber was bitte hat El Salvador denn zu verlieren? Geht das Experiment schief, steht man auch nicht viel schlechter da als heute. Geht es hingegen gut, könnte die Wirtschaft prosperieren und der Staat seine lange anhaltende Krise überwinden. Ich finde, dass das den Versuch wert ist. Die Chancen überwiegen jedenfalls die Risiken bei weitem. Daher kann ich nachvollziehen, dass die Regierung dieses Experiment wagt.
Richtig interessant aber wird die Sache – selbst für Bitcoin-Fans – ohnehin erst, wenn das Experiment am Ende von Erfolg gekrönt wäre. Denn dann könnten auch andere kriselnde Entwicklungsländer dem Beispiel von El Salvador folgen und den Bitcoin ebenfalls zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklären. Allein schon die vielen dummen Gesichter der ganzen Bitcoin-Kritiker fände ich cool.
Fazit: Globaler Siegeszug des Bitcoin wird möglich
Bleibt abschließend noch die Frage, wie Staaten wie die USA auf einen solchen Siegeszug des Bitcoin reagieren würden. Um es vorwegzunehmen: Ein Bitcoin-Verbot sehe ich nicht, weil dies weder durchsetzbar noch sinnvoll wäre. Aber ganz kampflos wird sich das Imperium wohl nicht geschlagen geben. Wenn man bedenkt, dass die US-Regierung bereit war viele Soldaten zu opfern, um Saddam Hussein – der sein Öl zukünftig lieber gegen Euro als gegen US-Dollar verkaufen wollte – zu eliminieren.
Lange Rede, kurzer Sinn: El Salvador ist das erste Land der Welt, dass sich mit Hilfe des Bitcoin vom US-Dollar abnabeln möchte. Ob dieses Experiment am Ende zu einem Erfolg wird oder nicht, bleibt abzuwarten. Möglich ist alles. Aber wenn das Experiment zu einem Erfolg wird, dürfte der Siegeszug des Bitcoin in El Salvador nur begonnen haben. So gibt es Meldungen, dass auch die Regierung Paraguays derzeit ernsthaft darüber nachdenken soll den Bitcoin dort ebenfalls zum gesetzlichen Zahlungsmittel („legal tender“) zu erklären.