Eine Reihe von Notenbanken hat auf die steigende Inflation bereits reagiert. Zunächst reagierten vor allen die Zentralbanken von Schwellen- und Entwicklungsländern. Sie hoben ihre Zinsen zum Teil recht deutlich an. Nach und nach folgten auch die ersten westlichen Länder.
Vollzogen bzw. eingeleitet wurde die Zinswende bereits in Großbritannien, Südkorea, Norwegen, Polen, Ungarn, Tschechien und Island. Auch die neuseeländische Zentralbank hat bereits reagiert und in Australien, Kanada und in den USA wurde die anstehende Wende hin zu steigenden Zinsen zumindest schon angekündigt.
Einzig die Europäische Zentralbank weigert sich hartnäckig, auch nur die Möglichkeit einer Zinswende zu diskutieren. Werden die aktuellen Verlautbarungen der EZB Realität, werden die Zinsen noch bis Ende 2023 so niedrig bleiben wie sie aktuell sind. Mag da kommen, was will.
Die Konvergenz soll nicht wieder verloren gehen
Das Mandat der Europäischen Zentralbank ist weder die Klimarettung noch die Finanzierung von löchrigen Staatshaushalte. Allein die Wahrung der Preisstabilität ist ihre Aufgabe. Dennoch wird dieses Ziel aktuell gegenüber einem anderen, vertraglich nicht festgeschriebenen Kriterium zurückgestellt.
Im Vorfeld der Einführung des Euros glichen sich in den späten 1990er Jahren die Zinssätze in Europa an. Schwächere Länder kamen so in den Vorteil, Zinsen zahlen zu müssen, die nicht oder nur wenig über den Zinssätzen deutscher Staatsanleihen liegen. In der Finanzkrise und auch zu Beginn der Corona-Pandemie ging dieser Gleichlauf kurzfristig verloren.
Ihn nicht wieder zu verlieren, ist eines der öffentlich unerklärten Ziele der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, denn steigende Zinsen sind auch immer ein Maß für das mit einer Anleihe verbundene Risiko. Wächst die Sensibilität der Anleger für die Risiken mit allgemein steigenden Zinsen wieder, nimmt auch das Gespür für die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern der Eurozone zwangsläufig wieder zu.
Für Länder wie Griechenland, Spanien oder Italien bedeutet dies einen schwierigeren und vor allem teureren Zugang zum Kapitalmarkt. Dies muss unter allen Umständen verhindert werden, so hat es zumindest augenblicklich den Anschein.